Enduro-Training in Hechlingen (D) 2.0

Als im November 2013 im Mimoto-Reiseforum unter den Enduristen bzw. jenen, die es noch werden wollen, die Diskussion gestartet wurde, ob man im Frühjahr nicht ein gemeinsames Endurotraining in Hechlingen abhalten wolle, war der Entschluss für mich rasch gefasst: Eine Auffrischung jener Tipps, die ich mir dort schon vor zwei Jahren geholt hatte, könne nicht schaden und als angenehmen Nebeneffekt treffe ich dabei mir lieb gewordene Personen und lerne neue Gleichgesinnte, mit denen ich bislang nur virtuell Kontakt hatte, kennen. Mit Klaus, der sein "Offroad-Trainingsgelände" letztes Jahr ja in die Mongolei verlegt hatte, war rasch ein Mitstreiter gefunden, Andi – mit seiner Super-Ténéré 2013 so wie ich durch Albanien unterwegs – rundete die kleine rot-weiß-rote Delegation im rund 20-köpfigen "Mimoto-Aufgebot" ab...

Klaus und Andi beim Zwischenstopp am Jauerling
Klaus und Andi beim Zwischenstopp am Jauerling

Tag 1 • Die Anreise

 

Streckenlänge: ca. 600 km

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Treffpunkt 8 Uhr in Krems bedeutete für mich 6 Uhr Tagwache bzw. 7 Uhr Abfahrt – nachdem ich erst Mitternacht aus der Redaktion gekommen war, für meine Wenigkeit um einiges härter als die darauffolgenden rund 600 Kilometer. Denn die waren durchwegs fahrenswert, entspannend, speziell in Österreich. Als erstes "Highlight" nahmen wir gleich nach Spitz an der Donau in der Wachau den Jauerling mit, danach ließen wir auch um den Preis des einen oder anderen "Umwegs" kaum eine Kurve bzw. Nebenstraße bis hinauf nach Rohrbach in OÖ aus, wo wir exakt in jenem Gasthaus zu Mittag speisten, in dem ich auch vor zwei Jahren am Weg nach Hechlingen Zwischenstopp gemacht hatte.

Der Rest der Fahrt – nach Passau meist der Donau entlang – war dann weniger spannend, erwähnenswert vielleicht noch der Zustand des Heidenau K60 Scout am Hinterrad der Transalp von Klaus: Der hatte Frühmorgens bei der Luftdruckkontrolle Löcher entdeckt, die aussahen, als hätte jemand abgebissen – trotzdem ließ sich der wilde Hund nicht davon abbringen, mit dem Gummi die insgesamt knapp 1200 Kilometer lange Reise durchzuziehen. Gut, es ruckelte ein wenig in den Linkskurven, aber zumindest wusste er ja jetzt warum…

Als wir dann schließlich am späten Nachmittag im Forellenhof landeten, wartete bereits eine Reihe von Forumsfreunden im Gastgarten bei Bier und Benzingesprächen. Mit genug von beidem sowie Köstlichkeiten der fränkischen Küche ließen wir den Tag dann schließlich auch ausklingen.

Tag 2 & 3

Das Enduro-Training

 

Für diejenigen, die mit Hechlingen nichts anfangen: Der ehemalige Steinbruch, den BMW vor mittlerweile 20 Jahren in einen Enduro-Park umgewandelt hat, bietet auf 26 Hektar eine Vielfalt an Strecken, die man sonstwo kaum so nah beieinander finden wird – von steilen und steilsten Auf- und Abfahrten, über Schotter- und Waldwege, Sandpassagen oder Wasserdurchfahrten ist hier alles im Überfluss vorhanden, was das Motorradfahren abseits befestigter Wege spannend macht. Dass uns erst einmal strömender Regen empfing, machte die Sache nur anspruchsvoller und die Mopeds (wir alle entschieden uns für Leihfahrzeuge aus der aktuellen BMW-Enduro-Palette, man kann an den marken-offenen Trainings freilich auch mit dem eigenen Gefährt teilnehmen) dreckiger…

…aber so hat's wenigstens nicht gestaubt. 


Und auch die Sorge, die Micha, André und ich unabhängig voneinder im Hinterkopf mitgenommen hatten, dass wir uns beim zweiten Mal nach 2012 ein wenig langweilen könnten, war völlig unbegründet. In der "Profigruppe", in der vom Forum auch noch Herbert und "Vollgas"-Albin dabei waren, fühlten wir uns keinesfalls unterfordert und hatten Spaß ohne Ende.

Was sicher auch daran lag, dass Instruktor Freddy für sich gleich nach den ersten Aufwärmrunden, die teilweise knieend oder im Damensitz fahrend absolviert werden, den Schluss zog, dass er lange Moderationen bzw. Brems- und Fahrtechnikübungen ruhig bleiben lassen könne und mit uns stattdessen einfach durchs Gelände fuhr – nicht ohne dabei jeden im Augenwinkel zu behalten und mit Tipps bzw. Ratschlägen zu versorgen, wenn er es denn für nötig hielt. Etwa wenn ich ihm zu forsch bzw. unsensibel in die Eisen griff, es einer "wagte", die obligatorischen zwei Finger von der Kupplung zu entfernen oder jemand partout meinte, den Park mit einer Rennstrecke verwechseln zu müssen. Insgesamt lief das alles sehr harmonisch ab, bewegte sich die Gruppe auf recht hohem Niveau, so dass das Training von Freddy praktisch dem seit heuer neuen Angebot in Hechlingen, dem Enduro GS Intensiv Training für erfahrene Offroader, gleichkam – nur eben zwei Tage statt einer…

Am zweiten jagte uns Freddy auch über Passagen, die ich "im wirklichen Leben" bislang nach Möglichkeit umfahren hätte, man dann im "Gruppenzwang" bzw. dem Wissen, dass der Profi sehr gut abschätzen konnte, was wir schaffen oder nicht, aber doch angeht – und das war gut so, hätten wir doch andernfalls wirklich etwas versäumt! Wie überhaupt die top-ausgebildeten Instruktoren aus dem stets freundlichen Team von Hechlingen-Geschäftsführer Manfred rasch erkennen, wenn jemand über- oder unterfordert ist, so auch in der Einsteiger- oder Fortgeschrittenengruppe jeder Teilnehmer auf seine Rechnung kommt bzw. zwischen den Gruppen switchen kann.

Wie schon vor zwei Jahren entschied ich mich übrigens für die F800GS, da sie punkto Gewicht und Abmessungen meinem Tiger sehr ähnlich ist, ich will hier aber nicht verhehlen, dass ich auch von der 1200er GS Adventure recht angetan war, als ich mal eine Runde mit Freddys Maschine drehte. Vor allem von der Motorcharakteristik ist die Große im Vergleich zum ruppigen Triebwerk der 800er ein Hammer, in Verbindung mit dem seidenweich zu schaltenden Getriebe und den hervorragenden Bremsen ist sie trotz ihres hohen Gewichts auch im Gelände um einiges einfacher zu bewegen, als ich ihr zugetraut hätte. Würde BMW der 12er zumindest in einem Sondermodell wie KTM bei der 1190 Adventure R auch noch ein 21-Zoll-Vorderrad spendieren, wäre ihr echte Offroadkompetenz nur noch schwer abzusprechen.

Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Unsere war auch in den Fahrpausen bzw. Abendstunden eine stimmige, weil hier einfach Leute mit denselben Interessen – nämlich Reisen mit dem Motorrad – beinander gewesen sind. Und zwar völlig unabhängig davon, ob jemand gerade erste Bekanntschaften mit unbefestigten Wegen machte oder sich auf Schotter daheim fühlt, auch die Instruktorentruppe bestand aus "echten" Bikern wie du und ich, die Abends für Benzingespräche und Spaß zu haben waren.

Tag 3 & 4 • Die Heimreise

 

Streckenlänge: ca. 585 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Obwohl das Training durchaus anstrengend gewesen ist und sich die Muskeln schon bemerkbar machten, brachen Klaus und ich unmittelbar danach in Richtung Heimat auf (Andi hatte noch eine Wochenendtour ins Tirolerische geplant), um zumindest ein Stück des Weges, auf dem ich die ersten 10.000 Zweiradkilometer im Jahr 2014 voll machte, noch am Abend des dritten Tages hinter uns zu bringen. Rund 50 Kilometer vor Passau fanden wir dann einen netten Landgasthof, in dem wir noch eine zünftige bayrische Mahlzeit einnahmen und nach jeweils zwei Weißbieren angenehm erschöpft ins Bett fielen.

Auch der leichte Nieselregen, der uns am nächsten Morgen erwartete und bis ins Waldviertel mehr oder weniger verfolgte, konnte uns nicht dazu bringen, die Autobahn zu nehmen. Diesmal fuhren wir zum Teil auch nördlich der Donau, um dann in Österreich bis Zwettl mehr oder weniger parallel zur tschechischen Grenze zu fahren, ehe sich in Krems wieder unsere Wege trennten. Ich hetzte die letzten rund 80 Kilometer dann doch am Bandl in Richtung Büro zum Spätdienst, Klaus brachte seine Transe gemütlich auf dem lädierten Heidenau nach Hause.

Passau an der Donau
Passau an der Donau
Zwettl im Waldviertel
Zwettl im Waldviertel

Fazit:

 

Hechlingen war erneut eine Reise wert, die Forums-Truppe trotz vieler für mich neuer Gesichter eine schon gewohnt sympathische, das durchwachsene Wetter machte die Angelegenheit nur anspruchsvoller. Speziell Walddurchfahrten über glitschig nasse Wurzeln brachten Fahrer und die dicken Motorräder doch einigermaßen an ihre Grenzen, so dass wir oft nur mit gegenseitiger Hilfe wieder raus kamen – auch das ist eine Methode, den Teamgeist in der Gruppe zu festigen. Prinzipiell hätte ich gegen eine dritte Auflage irgendwann nichts einzuwenden, wobei meine Wahl dann eher auf das schon erwähnte Intensivtraining oder den Reise-Workshop mit Zelten und Lagerfeuer im Park, Navigation, Notreparaturen, Reifenwechsel sowie Fahrtraining mit und ohne beladene Seitenkoffer fallen würde.