Kurztests Modelljahr 2016


KTM 390 Duke • Modelljahr 2016


Für den Einstieg mit Pfiff

"Muss ich noch irgendwas wissen, bevor ich losfahre", fragte ich meinen Tourenpartner Manfred Pitzal, Geschäftsführer im Flagship-Store von KTM Wien. Seine kurze Einführung in den übersichtlichen Bordcomputer, mit dem die 390 Duke serienmäßig bestückt ist, überraschte doch – die Anzahl an Informationen, die da abgerufen werden können, würden auch einem ausgewachsenen Tourer zur Ehre gereichen: Zwei Tripzähler, Durchschnitts-Verbrauch bzw. -Geschwindigkeit, Fahrzeit, Ganganzeige, Restreichweite und, und, und…

…ja sogar einen Schaltblitz gibt es, der sich frei konfigurieren lässt und ab einer gewählten Drehzahl zunächst blinkend und dann durchgehend leuchtend zum Hochschalten mahnt.

Macht Eindruck, auch die Verarbeitung des in Indien produzierten Motorrads wirkt wertig. Dazu verrät das Design Liebe zum Detail, etwa mit beleuchteten Schaltern an den Lenkern, Underfloor-Auspuff oder dem schnittigen Bugspoiler. Und das Orange der Felgen bzw. des Stahl-Gitterrohr-Rahmen, das bei den 690er-Modellen ausschließlich der R vorbehalten ist, bedeutet in der KTM-Farbgebung Sportlichkeit. Also fahren wir los! Der erste Eindruck nach ein paar Ampeln ist wenig verwunderlich: Mit ihren 139 kg trocken bzw. 150 vollgetankt lässt sich die 390er spielerisch wie ein Fahrrad durch den Straßenverkehr bewegen.

Doch City-Flitzer schön und gut – wieviel Duke steckt wirklich in der Kleinen? Um das herauszufinden, ging's gleich einige Male hintereinander zur Dopplerhütte rauf und wieder runter. Das Motorrad mag Kurven aller Radien, je enger, desto lieber! Die 44 PS des Singles reichen absolut, um die Duke zügig aus den Kehren rauszubeschleunigen, lange Geraden sind naturgemäß weniger das Ding der 390er, die sich untenrum etwas nervös gibt, ab 3000 Umdrehungen aber zeigt, was in ihr steckt. Das (nicht einstellbare) Fahrwerk mit Upside-down-Gabel und Federbein von WP Suspension arbeitet ordentlich und ist eigentlich nie überfordert. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann die Bremsen – die geraten bei wirklich sportlicher Fahrweise doch an ihre Grenzen. Auch der Arbeitsplatz auf der Sitzbank ist durch den "Höcker" des Sozius-Sitzes etwas knapp bemessen, hin- und herrutschen in Supermoto-Manier wie auf meiner Duke 690 R spielt's da nicht. 

Gut gewählt ist die Serienbereifung mit dem Metzeler M5 Interact, der bei trockener Fahrbahn sofort jenes Vertrauen vermittelt, das für die sportliche Kurvenhatz erforderlich ist, präzise einlenkt und bei jedem noch so engen Richtungswechsel die Spur hält.

Womit die KTM 390 Duke, die sich in den zwei Tagen, in denen ich mit ihr unterwegs gewesen bin, laut Bordcomputer 3,8 Liter Super auf 100 Kilometer gönnte (was ich nicht überprüfte), ein Motorrad für kurvenreiche Landstraßen ist und sich dabei trotz der überschaubaren Motorleistung durchaus sportlich bewegen lässt. Das unterstreicht auch die Tatsache, dass die 44 Pferdestärken aufgrund des geringen Gewichts sogar noch um drei PS gedrosselt werden müssen, um das pfiffige Motorrad per geänderter Motorsteuerung A2-Führerscheinkonform zu machen. Eine nicht unwesentliche Info, denn in erster Linie wird die 390er ihre Käufer im Einsteiger- bzw. Wiedereinsteigerbereich finden. Und das zu einem Anschaffungspreis (in Österreich € 5.448,--) der zeigt, dass Fahrspaß kein tiefes Loch ins Budget reißen muss.

Ich schreibe jetzt ganz bewusst nicht "Frauenmotorrad", da ich von meinem Freund Mimoto für diesen beim Video der Honda NC 700 X verwendeten Terminus schon einmal gerügt worden bin. Trotzdem wird speziell auch das schöne Geschlecht mit dem geringen Gewicht, der überschaubaren Sitzhöhe und der Handlichkeit des Motorrads seine Freude haben. Nicht umsonst steht die KTM 390 Duke seit ihrem Erscheinen bei der besten Sozia wo gibt für jenen Fall hoch im Kurs, dass sie einmal nicht mehr nur Sozia sein will. Vor allem aber ist sie ein Radl, das lange Freude macht, weil man damit immer wieder eigene Grenzen ausloten kann. Und dessen Wendigkeit als City-Bike auch erfahrene Motorradfahrer am Weg zur Arbeit schätzen werden.

© 06/2016


Triumph Thruxton 1200 R • Modelljahr 2016


Retro-Renner mit Biss

Sie sehen ja gut aus, diese Retro-Motorräder, die in den letzen Jahren immer mehr in Mode kamen. Die meisten Modelle entpuppen sind dann aber doch in erster Linie eher als etwas für die Eisdiele. Als mir der Werkstättenleiter bei Triumph Wien Mitte Ossimoto den Schlüssel für die neue Thruxton R in die Hand drückte, mit den Worten "wirst schauen, wie die anreißt", da war mir schon klar, dass das diesmal nicht so sein wird – der Guggi ist auf der Rennstrecke daheim, dem flößt so schnell kein Radl Respekt ein. Also draufsetzen und anstarten. Schön und gut – aber wo? Der Startknopf ist im Killschalter integriert, was den Vorteil hat, dass dieser nicht mehr unbeabsichtigt den Startvorgang unterbinden kann. Doch wer's nicht weiß, bleibt vorerst einmal erst recht stehen…

…dafür hatte ich eben etwas länger Zeit, mir das Moped gleich genauer anzusehen. Der Cafe Racer ist wirklich stimmig und bis ins letzte Detail liebevoll und solide verarbeitet. Das beginnt beim ins Frontlicht integrierten Triumph-T, geht weiter über den verchromten Tankdeckel bis hin zu den wunderbaren analogen Amateuren mit dezenten Digital-LCDs und setzt sich bei Motor, Speichenrädern, Auspuffanlage oder Fahrwerkselemten fort. Warum man dann ausgerechnet bei den an den Lenkerenden montierten Rückspiegeln im schwarzen Plastik beim Chrom gespart hat, entzieht sich freilich meiner Kenntnis.

Aber jetzt will ich auch wissen, wie sie anreißt. Der Sound ist schon einmal gut, kernig, ohne dass sich gleich sämtliche Eisdielen-Besucher nach einem umdrehen. Dabei versäumen die was. Denn der 1200er-Murl mit seinen knapp 100 PS lässt die Thruxton so richtig loslegen, da geht's nur mit Gas aufs Hinterradl! Aber die "Wheelie-Control" in Form der Traktionskontrolle bremst Übermut rasch ein. Wie überhaupt dieses alt aussehende Motorrad vollgestopft ist mit modernster Technik: ABS, Anti-Hoppling-Kupplung, Ride by Wire, auf nichts muss der Nostalgiker verzichten, ja sogar zwischen drei verschiedenen Fahrmodi (Road, Sport, Rain) kann (im Stillstand, aber bei laufendem Motor) geswitcht werden. Etwas nervig empfand ich als alter Sportreporter, dass nach Abschalten der Zündung jeweils wieder im Road-Modus begonnen wird, keine Ahnung, ob sich das umprogrammieren lässt.

Ansonsten aber gibt's wenig zu meckern, die Triumph Thruxton 1200 R ist eine Fahr- und keine Posier-Maschine. Da geht's zügig durch die Kurvenwelt des Wienerwalds, das Motorrad lässt sich richtig beherzt ums Eck manövrieren, auch enge Kehrenfolgen sind Genuss und kein Stress. Dabei vermitteln die aufgezogenen Pirelli Diablo Rosso Corsa rasch Vertrauen, der Reifen lenkt präzise ein und bietet bei Schönwetter Grip ohne Ende. Edle, voll einstellbare Fahrwerkskomponenten von Öhlins (hinten) und Showa (vorne) sorgen dafür, dass man auch bei hohen Geschwindigkeiten alles im Griff hat, die mächtige Bremsanlage von Brembo geht den Fahrleistungen entsprechend zu Werke – so bissige Bremsen habe ich an meinen Motorrädern nicht. Dafür sind schon mal die Blomben im Gebiss gefährdet, wenn's etwas zügiger über das Kopfsteinpflaster der Höhenstraße geht, schlechte Fahrbahnen sind nicht das bevorzugte Terrain der Britin, obwohl natürlich auch das geht. 

Alles in allem stellt sich beim Fahren (und drauf Schauen) rasch ein Will-Haben-Gefühl ein, die richtige Lederjacke hätte ich ja daheim hängen und für einen passenden Helm würde es auch noch reichen. Aber da sind ja noch die (in Österreich) knapp 16 (!) Tausender, die es dafür zu berappen gilt – und da sind wir noch gar nicht bei dieser unfassbar geil aussehenden Race-Variante, wie sie der Ossi selbst privat in der Garage stehen hat. Zuviel Eis ist eh nicht gesund.

© 06/2016