Meer und Schotter – ohne Plan durch Slowenien

Die mittlerweile schon zur Tradition gewordene Frühjahrstour mit Klaus hätte uns eigentlich nach Bosnien führen sollen, um meinem Kooperations-Partner Franjo von Enduro Grip Bosnien einen Besuch abzustatten. Allerdings hatte ich zwar all die "wichtigen" Adapter, Ladekabeln, Akkus etc. für die verschiedensten Kameras dabei, auf den Reisepass jedoch vergessen. Weshalb an der Grenze zwischen Slowenien und Kroatien Endstation gewesen ist – oder besser Startschuss zu einer ungeplanten, tollen Tour durch Slowenien! Die uns nicht nur ans Meer brachte, sondern auch jede Menge Schotter unter die Speichenräder unserer Reiseenduros.

Tag 1 • Improvisation ist alles

Wien - Graz - Spielberg - Maribor - Rogaska Slatina - Celje - Ljubljana - Portoroz - Piran

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Tag 1
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Endstation Grenzübergang Gornji Macelj
Endstation Grenzübergang Gornji Macelj

Wie meistens, wenn es etwas weiter weg geht und nicht unendlich Zeit im Reisegepäck ist, wurde zunächst einmal auf der Autobahn Strecke gemacht, ging's über Graz zum Grenzübergang Spielfeld, wo bei freier Fahrt noch kein Problem war, was ich zu diesem Zeitpunkt nicht ahnte: Dass mein Reisepass daheim am Frühstückstisch neben dem Kaffeehäferl liegen geblieben war. Ganz anders die zwar nette, aber eiserne Lady im kroatischen Grenzer-Kostüm vorm Übergang nach Gornji Macej: Auch die Kroaten sind Mitglied der EU, was sie jedoch keinesfalls davor abhält, ihre Grenzen streng zu kontrollieren – und meine Frage, ob ich mit dem österreichischen Führerschein rüber dürfe, wurde mit einem klaren Nein beantwortet. Egal, spätestens an der Pforte nach Bosnien wäre ohnedies Endstation gewesen. Also kurz einmal nachgedacht: Ich allein zurück den Pass holen? Hätte ohne Pause rund sieben Stunden gedauert – und dann noch einmal drei, vier bis zu Franjo, wohin Klaus in der Zwischenzeit schon einmal vorfahren hätte können. Etwas viel Aufwand für die vier Tage. Und da für uns auf Tour sowieso der Weg das Ziel ist und es uns in erster Linie um eine feine Mopedtour ging, wurde eben kurzerhand unkompliziert umdisponiert: In Slowenien waren wir ja schon, warum also nicht gleich hier bleiben bzw. rumfahren?

Natürlich wären wir unter anderen Umständen ganz anders zur nun als Tagesziel erkorenen Küste irgendwo bei Portoroz gefahren – aber auch so fanden sich durchaus fahrenswerte Wege und am Abend genossen wir das herrliche Wetter bei gutem Essen im malerischen Ort Piran an der slowenischen Riviera.

Tag 2 • Viel Schotter und ein bäriges Quartier

Piran - Kozina - Podgrad - Illirska Bistrica - Masun (und jede Menge Waldwege)

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Tag 2
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Da ich in der Ecke einiges an eng(st)en und kurvenreichen Strecken kenne, stellte ich uns beim Frühstück rasch eine fahrenswerte Route in Richtung der Wälder südlich der bekannten Höhle von Postojna zusammen, in denen es an Schotterstraßen fast so wimmelt wie an Bären und Wölfen und wo die Federelemente von Tiger und Transalp auch ihren Spaß bekommen sollten. Die beiden Reiter sowieso…

Wirklichen Plan hatten wir im weiträumigen Geflecht an meist recht gepflegten, größtenteils auch mit reinen Straßenmotorrädern zu fahrenden Schotterstraßen bzw. Naturpisten nicht mehr, als meine Raubkatze langsam aber sicher Futter in Form von Sprit benötigte.

Da kam die Ortschaft Masun bzw. die vier so benannten Häuser mitten im Wald gerade recht, um nach einer Tankstelle zu fragen. Die Freundlichkeit, in der uns der Wirt bzw. Koch des einladenden Gasthauses den Weg zur rund 15 Kilometer entfernten Tanke sowie weitere Strecken in der Umgebung beschrieb, ließ in uns beiden denselben Gedanken wachsen: Hier kommen wir nach dem Tankstopp auf einen Mittags-Imbiss zurück. Und weil der so fein war, wir ohnedies keinen besseren Plan hatten, in allen anderen Richtungen dunkle Gewitterwolken aufzogen und es in der Ecke für den Nachmittag noch genügend Schotterwegerl zu erkunden gab, kamen wir am Abend erneut zurück, um uns für die Nacht einzuquartieren.

Es war eine gute Entscheidung, auch wenn wir zwischendurch für ca. 20 Minuten doch vom Regen erwischt wurden (davon 10 Minuten Gewitter mit Hagel): Das Gostišče Masun zählt definitiv zu den besten Häusern, auf denen ich bei meinen Motorradreisen je abgestiegen bin – ich würde sogar sagen, dass es in der Kombination aus Ambiente, Qualität der Speisen bzw. der umliegenden Strecken, Preis-/Leistungsverhältnis, Freundlichkeit des (endurofahrenden) Wirts und seiner Gattin nur sehr schwer zu toppen ist. Für die Nächtigung nur mit Frühstück hätten wir Anfang April 2017 € 32 bezahlt, inklusive eines tollen, 5-gängigen Abendmenüs waren es € 43 – in Anbetracht des Gebotenen ein Schnäppchen! Denn ich kann nur sagen, dass alles so gut schmeckte, wie es auf den nachstehenden Bildern aussieht bzw. vom Koch liebevoll angerichtet wurde. Als Highlight gab es im vierten Gang den ersten Bären, den Klaus und ich je gegessen haben:

Tag 3 • Im April geht eben noch nicht alles

Masun - Pivka - Postojna - Predjama - Vipava - Nationalpark Naravni Spomenik Smrecje - Eishöhle Velika Ledena Jama - Most na Soci - Slow. Grenzkammstraße - Kobarid - Bovec - Mangart/Predel - Bovec

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Tag 3
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Nach einem feinen Frühstück (u.a. mit selbstgemachter Wildschweinsalami) ging es weiter Richtung Norden, wo die Höhlenburg Predjama, bei der ich schon letztes Jahr auf der Rückreise von Kroatien mit der Honda Africa Twin einen kurzen Zwischenstopp eingelegt hatte, als erstes "Etappenziel" auserkoren wurde. Die Straßen waren vom Vortag noch etwas feucht, die Strecken gewohnt kurvenreich.

Danach war dann bald wieder Schottersuche angesagt, was in Slowenien ohnehin meist von Erfolg gekrönt wird. Der Weg zur Eishöhle Velika ledena jama v Paradani führte uns durch den Ternowaner Wald (Trnovski gozd) in der Region Goriška. Leider war der Pfad zur Höhle durch einen Schranken versperrt und uns nicht wirklich nach dem laut Schild ca. fünfminütigen Fußmarsch zum Eingang – wir waren schließlich zum Mopedfahren da. Und wurden dann ein paar Kilometer später auf ca. 1200 Meter Seehöhe vom Schnee gestoppt – es geht eben noch nicht alles im April. Also wieder ein Stück zurück, wobei auch die Bundesstraßen 609 sowie 608 zum Teil geschottert sind, uns hat's nicht gestört…

Danach ging es über die Slowenische Grenzkammstraße – keinesfalls vergleichbar mit ihrer ligurischen "Schwester", aber doch immer wieder nett zu fahren. Allerdings muss man sich wohl darauf einstellen, dass 2017 ein weiteres Stück davon asphaltiert wird, die Arbeiten im Nordteil der Strecke kurz vor der italienischen Grenze lassen jedenfalls darauf schließen und scheinen mehr als die alljährlichen Instandsetzungsmaßnahmen zu sein.

Immer wieder stößt man in dieser einst heftig umkämpften Ecke auch auf Relikte aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, ob versteckte Bunker, Gedenktafeln oder auch Reste von mehr oder weniger gut erhaltenen Befestigungsanlagen.

Wenn wir schon in der Gegend waren, wollten wir uns auch gleich ansehen, wie weit es schon auf den Mangart rauf geht, auch wenn uns klar gewesen ist, dass man den im April keineswegs auch nur annähernd bis ganz hinauf fahren kann.

Dennoch sind Klaus und ich ein wenig überrascht gewesen, wie früh dann bereits Schluss mit lustig war: Schon nach wenigen Kehren gab's erste Schneereste auf der Straße, wenige hundert Meter nach der Holzhütte, an der in der warmen Jahreszeit Maut abkassiert wird, ging dann nichts mehr mit den dicken Reiseenduros. Und - Hand aufs Herz: Auch mit der CCM wäre ich, wie ein kleiner Spaziergang ein Stück hinauf rasch klarmachte, kaum viel weiter gefahren. Als Alternative machten wir dann noch einen kurzen Abstecher zu den Befestigungs-Anlagen am Scheitel des Predil- bzw. slowenisch Predel-Passes…

…ehe wir uns im nahen Bovec ein (nettes) Quartier für die letzte Nacht suchten bzw. fanden. Und die Cevapcici (bei mir zumindest einmal Pflicht, wenn ich in den Balkan-Ländern bin) waren köstlich!

Tag 4 • Heimwärts über Vrsic und Loibl-Pass

Bovec - Vrsic Sattel - Kranjska Gora - Jesenice - Loibl Pass - St. Veit a.d.Gl. - Neumarkt/Stmk. - Judenburg - Wien

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Tag 4
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Gestärkt mit einem erneut wunderbaren Frühstück nahmen wir schließlich den Vrsic samt seiner 51 Kehren in Angriff. Schon die Fahrt durchs Soca-Tal in aller Früh hatte etwas entschwerendes, danach die Südrampe bei Sonnenschein praktisch für uns allein: Biker-Herz, was willst du mehr? Oben an der Passhöhe auf 1.611 m war es dann naturgemäß doch ziemlich frisch bzw. blies uns ein eisiger Wind um die Ohren, die 24 Kopfsteinpflaster-Kehren an der Nordseite runter nach Kranjska Gora entschädigten uns aber dafür. Auch wenn diesmal wegen der Nässe und Kälte etwas mehr Vorsicht geboten war, zählt der Vrsic nicht zuletzt auch wegen ihnen zu meinen Lieblings-Pässen in der näheren Umgebung.

Für den Weg zurück nach Österreich entschieden wir uns für den Loibl-Pass, den wir beide schon länger nicht mehr gefahren waren und der vor allem an der Nordrampe – trotz oder wegen des teilweise recht schlechten Asphalts – Fahrspaß aufkommen lässt. 

Der Rest der Reise ist recht rasch erzählt. In Kärnten nahmen wir zunächst noch ein paar kleine, kurvenreiche Straßerl mit, dann ging's aber doch bald immer direkter bzw. breiter Richtung Heimat und ab Judenburg dann auf der S6 bzw. in weiterer Folge A2 nach Hause. Im Gepäck die Erinnerung an vier wunderbare Tage sowie der Erkenntnis, dass man zum Pässefahren keinen Reisepass benötigt. Was aber keine "Empfehlung" sein soll, diesen nicht mitzunehmen – streng betrachtet, hätte ich natürlich auch in Slowenien einen dabei haben müssen. Vielleicht ist der Fauxpas ja auch ein Anreiz, künftig wieder mal eine kleine Checkliste anzulegen bwz. diese dann vor der Abfahrt auch zu kontrollieren. Bei all den technischen Ausrüstungsteilen an Kameras, Navis etc., an die es mittlerweile zu denken gilt, vergisst man nur zu leicht aufs Wesentliche.

Als Fazit hätte ich jetzt beinahe dasselbe geschrieben, wie vor einem Jahr: Traditionen, wie die Frühjahrstour zusammen mit meinem Freund Klaus, muss man einfach pflegen – und würde nicht gerade eine hoffentlich spannende Motorradsaison bevorstehen, würde ich mich schon wieder auf die nächste Anfang 2018 freuen…