Ich muss gleich vorausschicken, dass ich vor meinen ersten Berührungen mit der Bebop 2 des französischen Multikopter-Herstellers Parrot über absolut keine Erfahrungen im Umgang mit sogenannten "Drohnen" verfügte. So gesehen sollte jeder Einsteiger mit dem wirklich einfach zu bedienenden Gerät ähnlich rasch vertraut sein, wie ich das schon nach wenigen Flügen gewesen bin. Da ich die Drohne fast ausschließlich bei Motorrad-Touren oder -Reisen einsetze, ist für mich das geringe Packmaß ein entscheidendes Argument, weshalb viele wahrscheinlich bessere, auf jeden Fall aber professionellere Produkte am Markt schon von vornherein wegfielen. Aus diesem Grund verzichtete ich bei der Parrot auf den riesigen Skycontroller und verwende zur Steuerung mein iPhone, auch wenn sich dadurch die Reichweite von ca. 2 Kilometer auf lediglich 300 Meter reduziert. Das ist in der Praxis jedoch gar nicht so wenig und Sichtkontakt zum fliegenden Objekt ist speziell für Einsteiger in meinen Augen unbedingt ratsam.
Aus der Schachtel, die ich bislang auch zum Transport nütze und die locker in den Seitenkoffer der Triumph oder auch einen Rucksack passt, entnommen, ist die Bebop 2 mit wenigen Handgriffen einsatzbereit (sobald der Akku aufgeladen ist). Um sie mit dem Smartphone zu steuern, muss man zunächst die Gratis-App "FreeFlight3" von Parrot herunterladen, dann mittels WLAN verbinden und einmalig kalibrieren – dafür dreht man die Drohne einfach um all ihre Achsen, was von der App gut erklärt wird. Danach kann man bereits loslegen! Sobald man den Startknopf drückt, hebt die Bebop, die man dafür auf eine ebene Startfläche stellen sollte, ab und bleibt in ca. einem Meter Höhe in der Luft stehen, um die "Befehle" des Piloten zu erwarten. Diese Eigenschaft macht das Drohnenfliegen um einiges einfacher als z.B. das Steuern eines Modellflugzeuges oder Hubschraubers – sobald man die Fernbedienung loslässt oder eben keinen Knopf drückt, verharrt das Flugobjekt in seiner Position.
Die Flugleistungen sind ordentlich, die Windempfindlichkeit gegenüber dem ersten Bebop-Modell wurde um einiges reduziert, wie mir "Umsteiger" bestätigten, die Flugzeit auf (echte!) 25 Minuten verlängert. Und dabei gibt die Kleine ganz schön Gas, 18 Meter pro Sekunde gibt der Hersteller als Höchstgeschwindigkeit an, das sind immerhin fast 65 km/h. Die Reichweite mit dem Smartphone beträgt im Idealfall rund 300 Meter, in der Praxis ist dieser aber nur dann gegeben, wenn man über ein derart leistungsstarkes Smartphone verfügt (mein iPhone 6s Plus etwa erfüllt diese Kriterien) UND so wenig andere WIFI-Netzwerke wie möglich stören. So war auf meiner Bulgarien-Rumänien-Reise, auf der ich "Wolfs Eagle" (man muss die Drohne bei Parrot registrieren und mit einem Namen versehen) erstmals einsetzte, die Verbindung fernab der Zivilisation irgendwo in der Natur stets besser, als etwa in verbautem Gebiet.
Über den Dächern der Altstadt von Nessebar am Schwarzen Meer habe ich einmal keine 200 Meter von mir entfernt den Funkkontakt zur Bebop verloren, was mir ordentliche Schweißperlen ins Gesicht trieb, auch wenn diese wie wenn nichts geschehen wäre einfach dort oben in der Luft parkte. Ich malte mir schon aus, dass ich sie nie mehr finden würde, wenn sie – nachdem der Akku leer ist – auf ein Dach fällt, als ich mich ihr dann schnellen Schrittes näherte, war aber plötzlich die Verbindung wieder da.
Sehr gut finde ich, dass die Video-Aufnahme mit dem Abheben der Drohne startet und mit der Landung wieder beendet wird – so besteht keine Gefahr, dass man während des Fluges aufs Filmen "vergisst". Die einzelnen Flüge werden übrigens als "Steuerungen" von der App gespeichert, auch mit den genauen Koordinaten. Die HD-Videos werden in einer Auflösung von 1920x1080p mit 30 Bildern/Sekunde aufgenommen und sind jetzt von der Bildqualität nicht ganz am Stand der neuesten Action-Cams (bei gleichen Eckdaten), liefern in meinen Augen bei gutem Wetter aber absolut brauchbare Ergebnisse. Auch die Fotos, die man einfach per Knopfdruck während des Fluges macht, in dem der Kamera-Ausschnitt jederzeit am Display des Smartphones zu sehen ist, sind durchaus okay, wenngleich sie Profi-Ansprüchen nicht genügen werden. Amateurhaft ist auch der Verzicht auf die Möglichkeit, Speicherkarten zu verwenden – so muss praktisch nach jedem Flug bzw. jeder "Akku-Leerung" der Inhalt des internen Speichers ebenfalls geleert bzw. auf das MacBook überspielt werden, wozu man die (eingeschaltete) Drohne mittels Kabel mit dem Computer verbindet.
Neben der niedrigeren Bild-Qualität im Vergleich zu teureren Drohnen missfiel mir auch ein wenig, dass von Parrot für die Bebop keine Follow-me-Funktion angeboten wird. Durch Zufall bin ich aber jetzt auf den Italiener Michele Vagnetti gestoßen, der eine solche App entwickelt hat und diese für nur 7,99 Euro für das iPhone anbietet. Ich habe mir sowohl die Follow-Me- als auch die Watch-Me-App (1,99 Euro), mit der man etwa ein Gebäude (oder einen Zeltplatz etc.) "umkreisen" lassen kann, heruntergeladen und noch am Tag, an dem ich diesen Testbericht geschrieben habe, erstmals ausprobiert. Dabei ist auch nachstehendes Video entstanden, das wie ich glaube die Funktionsweise recht deutlich veranschaulicht. Die Apps arbeiten hervorragend – ich kann sie jedem, der eine Bebop 2 hat, nur empfehlen. Fährt man über 50, 60 km/h schnell, hängt man die Drohne ein Stück ab, verlangsamt man das Tempo, schließt sie wieder auf. Für Radfahrer perfekt, Motorradfahrer müssen natürlich aufpassen, dass sie ihren Flugbegleiter nicht verlieren – ich kann mir den Einsatz aber speziell auf unbefestigten Strecken gut vorstellen, wo man meist sowieso nicht allzu schnell unterwegs ist. Der Gedanke, die Bebop hätte mich letzten November bei Kaiserwetter auf der Panoramica delle Vette begleitet, hat definitiv etwas…
Fazit:
Wenn man ein handliches Gerät für unterwegs sucht, das man auch locker in einen Rucksack stecken oder eben mit dem Motorrad mitnehmen kann, das selbst bei einem ausgedehnten Spaziergang nicht zur Last fällt und trotzdem Videos in HD-Qualität erstellen will, dann ist die Bebop 2 von Parrot definitiv eine gute Wahl bzw. ein guter Kompromiss. In Verbindung mit der Follow-Me-App von Michele Vagnetti wird die Drohne (fast) zum kleinen Alleskönner. Ich habe mir schon eine iPhone-Halterung für den Motorradlenker besorgt, um auch während der Fahrt das Livebild zu sehen bzw. Flughöhe- und Abstand jederzeit ändern zu können. Für meinen geplanten Einsatzzweck, um meine Videos jeweils mit ein paar attraktiven Zwischenschnitten aus "neuen" Blickwinkeln zu garnieren, ist mir die Bildqualität der Bebop ausreichend, würde ich reine Drohnen-Filme produzieren wollen, wäre die Wahl auf ein Modell mit besserer Kamera oder der Möglichkeit GoPros zu montieren gefallen.
Bei aller Begeisterung für das kleine technische Wunderding darf aber keinesfalls darauf vergessen werden, welche Gefahren der sorglose Umgang mit einem derartigen Fluggerät in sich birgt, selbst bei sachgemäßer Bedienung kann es immer zu Ausfällen bzw. Verlust der Funkverbindung etc. kommen. Eine Versicherung ist daher nicht nur sinnvoll, sondern unabdingbar, ich habe meine bei Air and More abgeschlossen. Vor allem aber sollte ein "defensiver", vernünftiger Umgang mit der Materie wichtiger sein, als das eine oder andere spektakuläre Bild…
© 06/2016
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