Zwischen Kurven, Kultur und tiefschürfenden Entdeckungen

Mit der Triumph Tiger 1200 Rally Explorer in der Region Südharz/Kyffhäuser

Als Österreicher zur Motorradtour nach Deutschland fahren mag sich auf den ersten Blick vielleicht ein wenig danach anhören, als ob der Italiener zum Badeurlaub nach Österreich kommt. Ja, warum denn eigentlich nicht? Wir haben wunderbare Badeseen in Kärnten oder im Salzkammergut, unser großer Nachbar das eine oder andere versteckte Juwel für die Reise auf zwei Rädern. Wie etwa die Region Südharz/Kyffhäuser, der Mel und ich im Juli einen Besuch abstatteten. Unterwegs waren wir mit der Triumph Tiger 1200 Rally Explorer, die uns von Triumph Germany dankenswerter Weise für diese Tour zur Verfügung gestellt wurde und zu der es auch bald ein Video über unsere Reise-Eindrücke geben wird.

Neben dem Kurvenspaß sollte diesmal freilich auch die Kultur nicht zu kurz kommen, haben wir uns angesehen, was die Region abseits all ihrer fahrenswerten Strecken an sonstigen Unternehmungen zu bieten hat und drei wunderbare, kurzweilige Tage verbracht.


Die Anreise

Da das Harzgebirge in den neuen Bundesländern doch ein gutes Stück von Wien entfernt ist, hieß es Kilometer machen. Bis Prag sind wir größtenteils auf Bundesstraßen unterwegs gewesen, danach fast nur noch auf der Autobahn. Insgesamt standen 753 Kilometer am Tageszähler der Triumph, als wir unser Ziel in Bad Frankenhausen/Kyffhäuser erreicht hatten. Hut ab einmal mehr vor der besten Sozia wo gibt, die diese Strecke ohne Murren absolvierte. Quartier bezogen wir für vier Nächte im Thüringer Hof, wo man nicht nur hervorragend essen kann, sondern der sich auch als wunderbarer Ausgangspunkt für unsere Tagestouren entpuppte. Mit dem Kyffhäuser vor der Nase, doch dazu später… 


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Tag 1 im Harz
Ungefähr gefahrene Strecke
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Hochprozentiges 

Unser erster Fahrtag im Harz brachte uns schon nach wenigen Kilometern zur ersten Sehenswürdigkeit – der Barbarossahöhle. Dort schläft der Sage nach der beim Kreuzzug ins Heilige Land im Jahr 1190 in der heutigen Türkei ertrunkene Stauferkaiser Friedrich I., besser bekannt unter dem von den Italienern geprägten Beinamen Barbarossa (dt. "Rotbart“), tief unter dem Kyffhäuser, um dereinst zurückzukehren und das Reich wieder zu einen…

Die Führung durch die Höhle, in der es eine konstante Temperatur von ca. 9 Grad hat, weshalb wir auch die Motorradklamotten anließen, war hoch interessant und dauerte ca. eine Stunde. Sie ist eine von weltweit nur zwei zugänglichen Schauhöhlen im Anhydritgestein (die andere ist die Kungurskaja-Eihöhle in Russland) und damit eine absolute geologische Rarität. Der Anhydrit wandelt sich durch die Luftfeuchtigkeit in der Höhle oberflächlich zu Gips, womit nach tausenden Jahren sogennte "Gipslappen" entstehen, die dann von der Decke bzw. den Wänden hängen und ein wenig an abfallende Tapeten erinnern. Sehenswert waren auch die durch den Gipsgehalt grün schimmernden unterirdischen Seen sowie der sogenannte Tisch und Stuhl von Barbarossa, auf dem ich natürlich für ein Foto Platz genommen habe.

Danach ging es über die Talsperre Kelbra weiter nach Nordhausen, wo uns der einsetzende Regen zwar ein wenig den Spaziergang durch die sehenswerte Altstadt vermieste, dafür aber zu einer weiteren Führung motivierte. Nämlich durch die Echter Nordhäuser Traditionsbrennerei. Ihre Geschichte ist zwar nicht ganz so alt wie jene der Barbarossahöhle bzw. ihres ruhelosen Kaisers, in der ehemaligen Reichsstadt Nordhausen, die 2027 ihr 1100-jähriges Jubiläum feiert, wird aber immerhin auch schon seit Beginn des 16. Jahrhunderts Korn gebrannt. Das Museum bzw. die "Reise vom Korn zum Korn" war nicht nur eine kurzweilige Regen-Überbrückung, sondern hatte auch Hochprozentiges zu bieten: Dankenswerter Weise wurden uns die bei einer Führung inkludierten Kostproben in kleinen Fläschchen mitgegeben, damit wir sie nach der Tour genießen konnten – obwohl ich mich dunkel daran erinnere, dass Mel sehr wohl schon vor Ort an dem einen oder anderen Gläschen genippt hatte…

Aber auch ohne "Kurvengeist" für den Wolf wurde es danach immer fahrenswerter. Die Tiger Explorer war ob der vielen Kurven in ihrem Element, die Landschaft wirkte mitunter rau und erinnerte uns fast ein wenig an Skandinavien. Wirklich überrascht hätte es mich nicht, wenn plötzlich ein Elch vor dem Motorrad aufgetaucht wäre. Stattdessen stoppten wir in Elend bei der kleinsten Holzkirche Deutschland für ein paar Fotos, ehe es über Elbingrode zur Rappbodetalsperre ging. Parallel dazu ist eine riesige, 483 Meter lange Hängebrücke über das Tal gespannt, über die wir natürlich auch gelaufen sind…

Der Rückweg war erneut jeden Kilometer wert und führte uns über Stolberg und den Kyffhäuser ins Quartier nach Bad Frankenhausen. Wobei wir uns ein paar der vielen Kurven mit zwei KTM-Fahrern "geteilt" haben, ehe sich die Wege wieder trennten. Im Thüringerhof angekommen, verriet mir eine Nachricht von einem der beiden über Instagram, dass ihnen a) das Kurvenschwingen ebensoviel Spaß gemacht hat und sie b) wussten, mit wem sie da unterwegs gewesen sind, obwohl ich mich mit der Tiger 1200 Rally Explorer samt deutschem Kennzeichen eigentlich "inkognito" unterwegs gewähnt hatte. Jaja, die Internetpräsenz bzw. die Geister, die ich damit rief...

…solange die dadurch gemachten Bekanntschaften sowie das Feedback auf meine Arbeit aber derart angenehm ausfallen, bleiben das gern gemachte Begegnungen. So wie etwa auch mit dem netten Herrn, der uns beim Abendessen darauf angesprochen hat. Hätten sich die beiden freilich unterwegs als Follower bzw. Mitglieder der immer größer werdenden Bike-on-Tour-Community "geoutet", hätte es auch für sie Pickerl (Sticker) gegeben.

Zurück zum Kyffhäuser: Wenn ich auf Motorradreisen für mehrere Tage ein Quartier beziehe, wird meist kurzerhand eine nahe Strecke zum "Hausberg" erkoren, die ich dann gerne noch vorm Frühstück oder Abendessen auch mal alleine angehe – die kehrenreiche Fahrt von Bad Frankenhausen rauf zum Kyffhäuser Denkmal bzw. wieder zurück erfüllte dieses "Wolf'sche Anforderungsprofil" perfekt und wurde entsprechend genutzt.


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Tag 2 im Harz
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Sehenswertes

Nach einem ausgiebigen Frühstück (bzw. meiner oben erwähnten, munter machenden Morgenroutine) war uns ein wenig nach Kultur. Weshalb uns der erste gemeinsame Weg des zweiten Tages im Südharz zum Panorama Museum in Bad Frankenhausen führte, unter den Einheimischen ob der nicht gerade idyllisch ins Landschaftsbild passenden Architektur gerne auch "Elefantenklo" genannt. Es ist nicht nur hochinteressant gewesen, Wissenswertes über die Hintergründe dieses in den letzten Wochen des Bestands der ehemaligen DDR vor dem Mauerfall eröffneten Museums zu erfahren bzw. über das Werk des Leipziger Malers und Kunstprofessors Werner Tübke, auch das Bild selbst beeindruckte. Mehrere Jahre arbeitete Tübke am mit 123 Meter Länge und 44 Meter Höhe größten Monumentalgemälde Deutschlands, die fesselnde  Audioführung versetzt einen in die Zeit der Bauernkriege und ist absolut zu empfehlen. Wir haben den Zwischenstopp jedenfalls nicht bereut…

…auch wenn danach schon wieder der Kyffhäuser laut nach uns bzw. dem Tiger rief. Diesmal mit einem ausgiebigen Halt beim gleichnamigen Denkmal bzw. auch unter Barossa-Denkmal bekannt. Von 1892 bis 1896 zu Ehren Kaiser Wilhelms errichtet, ist es mit 81 Meter Höhe das dritthöchste Denkmal Deutschland. Auf den Aufstieg in den Denkmalsturm mit seinen 250 Stufen, der mit einer wunderbaren Aussicht auf den Südharz Kyffhäuser belohnt wird, verzichtete ich bei schwülem Wetter in der Motorradkluft und überließ diesen Job lieber meiner Drohne, die uns wohl nicht minder imposante Bilder lieferte.

Anschließend ging es weiter ins malerische Stolberg, durch das wir schon am Tag davor bei Nieselregen gefahren waren, uns diesmal aber die würdige Kulisse für einen ausgedehnteren Stopp lieferte. Inklusive empfehlenswertem Spaziergang rauf zum Schloss, von dem aus man einen wunderbaren Ausblick über Stolberg hat, sowie einer Kaffeepause samt feinem Eis in den fotogenen Fachwerkstraßen mit ihren Häusern im Renaissancestil. 

Aber natürlich sind wir auch Motorrad gefahren. Über Questenberg ging es durch die charakteristische Karstlandschaft des Südharzes zurück nach Bad Frankenhausen, wo wir nach einem langen Tag dann doch zu geschlaucht für den ursprünglich geplanten Besuch der Kyffhäuser Therme waren, die in Gehdistanz zum Thüringerhof gelegen ist. Dabei bietet deren Badelandschaft mit ihrem gesundem Solwasser, Rutsche, Massagedüsen, Wildwasserkanal und bis zu fünf verschiedenen Saunen genug Möglichkeiten zum Relaxen. Wir ließen es allerdings ruhig angehen und verarbeiteten all die Eindrücke bei einem guten Abendessen.


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Tag 3 im Harz
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Unterirdisches

Am nächsten Morgen bestätigte sich die schon am Abend davor bei Mel abzeichnende starke Verkühlung, wegen der wir bereits die Therme ausgelassen hatten, als richtig hartnäckig. Weshalb wir beschlossen, dass ich ohne der besten Sozia wo gibt losfahre und sie sich besser schon für die bevorstehende strapaziöse Rückreise schone. Zumal es auch noch früh zur regnen begann und die Wettervorhersage keinerlei Besserung realistisch erscheinen ließ. Und was macht man, wenn einem die Regentropfen aufs Helmvisier prasseln und so den Kurvenspaß doch gehörig einschränken? Richtig: Man verschwindet unter Tage. Was ich in Form einer Führung durch das Erlebnisbergwerk "Glückauf" Sondershausen machte. 700 (!) Meter unter der Erdoberfläche, wohin wir nach alter Bergwerkstradition mit dem Förderkorb gelangten. 

Zu DDR-Zeiten arbeiteten im ältesten noch befahrbaren Kalibergwerk der Welt bis zu 3.000 Bergmänner, von 1896 bis 1991 wurden etwa 110 Millionen Tonnen Kalisalze abgebaut. Auch heute werden neben den regelmäßigen Führungen von den etwa 230 verbliebenen Bergmännern jährlich noch rund 200.000 Tonnen Streusalz für den Winterdienst gefördert. Dies alles und viel mehr, etwa die Rolle der tief unter der Erde liegenden Hohlräume im zweiten Weltkrieg oder dass sämtliche schweren Geräte ebenfalls nur mit dem Förderkorb nach unten gelangten und unter Tage komplett zusammengebaut werden musste, erfuhren wir in der hochinteressanten, stets mit einem Schuss sächsischem Humor gewürzten Führung durch die Säle, das Museum, den tiefsten Konzertsaal Deutschlands oder einer Kahnfahrt durch unterirdische Seen. Die zweieinhalb Stunden, in denen wir – mit Helm und Schutzkittel ausgestattet – nur einen Bruchteil der kilometerlangen "Straßen" in bis zu 1150 Metern Tiefe (bergmännisch "Teufe") befuhren, vergingen jedenfalls wie im Flug.

Wieder auf der Erdoberfläche angelangt, war das Wetter kaum besser geworden, so dass ich wieder einmal die wirklich gute Nässeperformance des Metzeler Karoo Street an der Triumph genießen konnte. Da gab es keinen ungewollten Rutscher, gab's am Grip auf den guten Kyffhäuser Straßen nichts zu meckern. Trotzdem ließ mich der Regen umdisponieren, verzichtete ich auf den ursprünglich geplanten, bestimmt auch lohnenswerten Besuch des Affenwald Straußenberg, legte stattdessen noch eine kurze Pause in den ländlichen Kaffeestuben in Limlingerorde ein und trachtete dann doch so rasch wie möglich zurück zu Mel zu kommen.


Die Heimreise

Die Fahrt zurück ist rasch erzählt, auch wenn sie mit rund 780 Kilometern noch ein Stück länger ausfiel, als die Anreise. Weil wir diesmal nicht durch Tschechien, sondern über Bayern bzw. Passau zurück nach Österreich sind. Fast ausschließlich auf der Autobahn, wo wir den Wind- und Wetterschutz an der Tiger 1200 Rally Explorer genauso zu schätzen wussten, wie ihren Sitzkomfort und die Zeit wie im Flug verging. Was wohl auch damit zusammen hing, dass es sich auf gut zwei Drittel der Strecke um vor Geschwindigkeitsbeschränkungen verschonten deutsche Autobahnen handelte…


Fazit:

Es war eine wunderbar abwechslungreiche Tour, die uns in eine Gegend führte, die wir bislang nur vom "Vorbeifahren" auf dem Weg nach Skandinavien gekannt hatten. Vor allem der Mix aus leiwanden, kurvenreichen Strecken sowie Angeboten abseits des Motorrads, war zum einen eine Abwechslung zu meinen sonstigen Touren, zum anderen kurzweilig und hochinteressant. Natürlich haben wir den Harz bzw. auch die Region Südharz/Kyffhäuser nur gestreift bzw. längst nicht alles gesehen, was die Ecke so zu bieten hat, aber das lässt sich ja vielleicht irgendwann nachholen. Die Gegend ist es auf alle Fälle wert, mal wieder unter die Räder genommen zu werden – ob als Zwischenstation einer größeren Reise in den Norden oder auf einem Kurztrip wie diesem…