Viel Wetter aber noch mehr Landschaft

"Ihr habt Glück mit dem Wetter, heute führt der Wasserfall ganz bestimmt besonders viel Wasser“, meinte die freundliche Wirtin in unserer Unterkunft bei Balnain Nahe dem Loch Ness, während der Regen beim Frühstück ans Fensterbrett klopfte. Sie sind schon recht schmerzbefreit bzw. haben ihre ganz eigene Auffassung von Wetterglück, die Schotten. Wer aus Zucker oder Schönwetterfahrer ist, hat dort oben nix verloren. Wem aber ein paar Tropfen am Visier bzw. rasch wechselnde Verhältnisse nichts anhaben können, der wird mit einer einzigartigen, rauen Landschaft und immer wieder atemberaubenden Ausblicken belohnt. Dazu sind es erst die Wolken und das von den vielen Niederschlägen satte Grün, die bei den richtigen Lichtverhältnissen Bilder liefern, die unvergesslich bleiben. Mel und ich hatten den Highland-Trip schon lange im Kopf, aber dann doch immer wieder gegen Fahrten in südliche Gefilde aufgeschoben.

Im Juni 2017 war es aber endlich so weit, folgten wir dem Ruf der Highlands, wo wir zwei wunderbare Wochen verbrachten. Mit von der Partie natürlich auch der Tiger, für den es schon höchst an der Zeit gewesen ist, endlich seine britischen Wurzeln kennenzulernen. Entgegen vieler gutgemeinter Tipps, schon daheim Quartiere zu buchen, sind wir wie gewohnt aufs grade Wohl los, um uns die Spontanität unterwegs nicht zu nehmen, haben aber bald erkannt, dass es nicht schlecht ist, zumindest schon am Vorabend im Netz eine freie Unterkunft für die darauffolgende Nacht zu suchen. Denn neben dem Schild für die bald lieb gewonnenen "Single-Track-Roads" im Norden der Insel war das ausladende "No Vacancies" vor den zahlreichen Bed & Breakfast wohl der am häufigsten gelesene Schriftzug. Wir fanden aber immer ein Dach über dem Kopf, die Quartiere werden im nachstehenden Bericht auch alle näher vorgestellt. Steht das Wort "Tipp" daneben, so bedeutet das, dass wir die Unterkunft gerne wieder nehmen würden, auch wenn etwas anderes in der Nähe frei wäre.

Bei den Strecken-Links handelt es sich um "ungefähre" Angaben bzw. jene Touren, die ich beim Frühstück oder schon am Vorabend ins Navi geklopft habe - Abweichungen, etwa wenn wir irgendwo reingefahren sind, wo es interessant aussah, habe ich nur dann nachgetragen, wenn sie länger waren oder ich mich noch gut daran erinnern konnte.

Tag 1 & 2 • Die Anreise

Wenn man nur knapp drei Wochen zur Verfügung hat, sind die Annehmlichkeiten bzw. die Zeitersparnis eines Autoreisezuges nicht zu verachten. Also ging es über Nacht von Wien nach Hamburg (ja, ich weiß mittlerweile auch, dass Düsseldorf näher zum Fährhafen IJmujden/Amsterdam gewesen wäre), wo wir am Morgen ausgeruht in Richtung Holland starteten. Knapp 500 Autobahnkilometer, ab etwa halber Strecke begleitet von heftigen Sturmböen und kurzen, kräftigen Schauern – quasi ein Vorgeschmack auf das schottische Wetter. Und auch die Überfahrt nach Newcastle war bei 8+ Beaufort äußerst unterhaltsam. Teller und Gläser rutschten im Schiffsrestaurant hin und her, die Leute torkelten am Gang von einer Wand zur anderen und das Wort "Wasserbett" bekam in der Kabine eine völlig neue Bedeutung…

Tag 3 • Warmer Empfang

 

 

Newcastle - Bellingham - Kielder Forest Park - Saughtree - Bonchester Bridge - Earlstone - Edinburgh

 

Streckenlänge: Ca. 230 km

 

Strecken-Link: MotoPlaner


Am nächsten Morgen empfing uns die Insel bei Sonnenschein von ihrer schönsten Seite, ging es gleich von Newcastle weg so gut wie möglich über klein(st)e Straßen rauf Richtung Schottland. Zwar verpassten wir so den gern fotografierten Grenzstein an der Bundesstraße A68 (den hoben wir uns für den Rückweg auf). Dafür blieb uns jeglicher Schwerverkehr erspart und warteten gleich unmittelbar nach der Grenze die ersten Single-Track- oder Passing-Place-Roads samt dazugehörender Schafherden. Von beidem sollten wir in den darauffolgenden zwei Wochen noch genügend abbekommen. Davor gab's im nordenglischen Ort Richmond Stärkung in Form eines Steak-Pie für den Wolf (seit meiner Zeit in Australien liebe ich die Dinger) bzw. Süßes für Sozia und einen lohnenswerten Abstecher zu den Kielder Waters im gleichnamigen Nationalpark.

Dazu warf ich gleich am ersten Tag meine Prinzipien über Bord, bei Reisen mit dem Motorrad nach Möglichkeit einen großen Bogen um Großstädte zu machen. Zu sehr war mir schon im Vorfeld von allen Seiten Edinburgh ans Herz gelegt worden. Mit Recht: Selten noch hat mich eine Metropole derart in ihren Bann gezogen, ob historische Festungen oder gemütliche Pubs, ob Fish'n'Chips oder schottisches Bier, ob Straßenmusiker oder das bunte Treiben in der City – wir genossen unseren ausgiebigen Rundgang in vollen Zügen.


Quartier-(Tipp) Edinburgh:

Motel 1

So richtig zentral in der Princes Street gelegen, ist das modern eingerichtete Haus ideal für Stadtrundgänge. Das Doppelzimmer schlug sich mit 133 Pfund zu Buche, das Motorrad parkte für £ 10 in einer nahen Parkgarage. Das Frühstück war sehr fein und das Personal freundlich.


Tag 4 • Im Blindflug rauf in die Highlands

 

 

Edinburgh - Sterling - Aberfoyle - Duke's Pass - Trossachs - Kilmahog - Ardchullarie More - Lochearnhead - Morenish - Keltneyburn - Etteridge - Aviemore

 

Streckenlänge: ca. 270 km

 

Strecken-Link: MotoPlaner

Dass Sonnenschein nicht wirklich ist, was man auf einer Schottland-Reise voraussetzen kann, erfuhren wir gleich am nächsten Morgen. Und von wegen kurze Schauer: Während des Frühstücks begann es zu regnen und sollte erst wieder aufhören, als wir am späten Nachmittag vom Motorrad stiegen. Dementsprechend wenig sahen wir von der Strecke, auch wenn mir der gewählte Weg durch den Loch Lomond & The Trossachs National Park bzw. später dann den Cairngorms National Park als Tor in die Highlands durchaus fahrenswert erschien – es hätte genauso gut durch die Bucklige Welt in Niederösterreich gehen können. Das Wetter war so ungastlich, dass ich entgegen meiner Gepflogenheiten nicht einmal für einen einzigen Fotostopp anhielt bzw. selbst die Helmkamera nicht eingeschaltet habe, weil ich irgendwie stets auf Besserung wartete. Auch bei der eingelegten Mittagspause in einem urigen Pub wurden wir nicht trocken und in Aviemore entschieden wir uns dann schon früher als geplant eine Bleibe für die Nacht zu suchen.


Quartier-(Tipp) Aviemore:

Vermont Guesthouse

Direkt an der Durchzugsstraße gelegen, ist das Vermont Guesthouse eine von vielen typischen B&B-Unterkünften. Das Doppelzimmer (£ 75 inkl. traditionellem schottischen Frühstück) war sauber und relativ klein, das Bad daneben teilten wir mit einem zweiten Zimmer. Ein Supermarkt sowie ein Pub sind in Gehweite, hinter bzw. neben dem Haus steht ein privater Parkplatz zur kostenfreien Nutzung zur Verfügung. Wie fast überall ist die Gastgeberin extrem freundlich und bot uns z.B. an, unsere nasse Motorrad-Kleidung zu trocknen.


Tag 5 • Unkonventioneller Tank-Stopp und kein Monster im Loch Ness

Aviemore - Nethy Bridge - Tomintoul - Dufftown - Inverness - Drumnadrochit - Balnain - Berg- bzw. Waldrunde - Balnain

 

Streckenlänge: ca. 300 km

 

Strecken-Link: MotoPlaner

Tags darauf präsentierte sich das Wetter wieder besser bzw. genau so, wie man das von Schottland erwarten darf: Wechselhaft. Die Fahrt durch den Speyside – die größte Whisky-Region Schottlands mit zahlreichen Brennereien auf relativ engem Raum – führte uns mal bei Regen, mal bei Sonne zunächst vorbei am kleinen, malerischen Loch Garten, ehe wir bei Tomintoul die Erfahrung machten, dass man in den Highlands rechtzeitig nach Tankstellen Ausschau halten sollte. Bei einer Restreichweite von etwa 20 Kilometern erschienen mir die 25 Meilen, die uns für die nächste Tanke in sämtliche Richtungen genannt wurden, doch recht heikel. Aber kein Problem ohne Lösung, speziell bei den stets hilfsbereiten Schotten! Fand sich doch im Ort eine kleine Werkstatt, in der mir der Chef mit fünf Liter Sprit aus dem Kanister aushalf. Der kurzfristige Versuch, den Regenschauer bei einer Besichtigung der Tomintoul-Distillery zu überbrücken, scheiterte jedoch: Ohne Anmeldung ging leider nichts.

Bei Dufftown "lenkten" uns die Wolken statt nach Norden zur Küste in Richtung Sonne und Inverness, Hauptstadt der Highlands und "Tor" zum Loch Ness, dem bekanntesten bzw. berüchtigsten der unzähligen Seen Schottlands. Was weniger an seiner überschaubaren Attraktivität sondern vielmehr den vielen Geschichten um das Ungeheuer von Loch Ness liegt. Gleich vorweg: Auch wir haben es nicht aus dem Wasser blinzeln sehen, dafür aber etliche Nessies, die geschäftstüchtig fast nach amerikanischem Vorbild auf zahlungskräftige Touristen lauern. Wir investierten unser Bares lieber in Fish'n'Chips und fanden unweit von Drumnadrochit eine nette Bleibe für die Nacht. 

Da es noch zu früh war, den Tiger schon schlafen zu schicken, entschloss ich mich, die Gegend noch näher zu erkunden, während Sozia ein verdientes Vollbad nahm. Neben dem Urquhart Castle bzw. dem was davon einst die Engländer nach ihrem Rückzug übrig ließen (und ich mich damit begnügte, ein paar Schnappschüsse von der Straße aus zu schießen), sah ich vor allem eine wirklich feine, etwa 13 Kilometer lange, gut gepflegte Naturstraße. Die führte mich von Balnain erst durch den Wald und dann – ab und zu an freundlich zurückgrüßenden Wanderern vorbei – auf einen "Berg" hinauf, von dem aus mir der Loch Ness schon um einiges besser gefiel, ehe ich in Drumadrochit wieder auf Asphalt stieß.


Quartier-(Tipp): Drumnadrochit/Balnain

The Steading Country Inn

Nur wenige Kilometer vom Loch Ness entfernt liegt dieses Bed & Breakfast mit angeschlossenem Pub, in dem man auch fein zu Abend essen kann, kurz nach dem Ort Balnain beim Loch Meikli. Die Zimmer sind geräumig und nett, das Bad mit Badewanne ein Hammer. Dazu parkte das Motorrad direkt im Garten vor dem Zimmer. Super war auch das Frühstück, besonders der Lachs auf Eierspeis' hatte es uns angetan. Bezahlt haben wir £ 75 für das Doppelzimmer inklusive Frühstück.


Tag 6 • Was wären die Highlands ohne Blick auf die Highlander-Burg?

 

 

Balnain - Drumnadrochit - Fort Augustus - Invergarry - Dornie (Eilean Donan Castle) - Achmore - Achnasheen - Dingwall - Bonar Bridge - Inversion - Lairg

 

Streckenlänge: ca. 280 km

 

Strecken-Link: MotoPlaner

Weiter ging es am nächsten Tag zunächst den Loch Ness entlang bis Fort Augustus, wo der See durch eine fünfstufige Schleuse mit dem Kaledonischen Kanal für den Schiffsverkehr verbunden ist. Das Wetter war wieder typisch wechselhaft, wobei es doch größtenteils trocken blieb bzw. im Laufe des Tages nach und nach besser wurde.

Danach kamen wir erstmals beim vom "Highlander"-Film bekannten Eilean Donan Castle vorbei. Erstmals deshalb, weil uns unser Weg eine Woche später erneut an dieser vielbesuchten und -fotografierten, auf einer kleinen Insel gelegenen Burg am "Tor" zur Isle of Skye vorbei führen sollte. Auf eine (kostenpflichtige) Besichtigung verzichteten wir.

Standen doch noch einige Kilometer bis zu unserem Tagesziel Lairg, in den nördlichen Highlands gelegen, bevor. Einer davon war der 130.000te, den ich gemeinsam mit meinem Tiger absolvierte – der Motor schnurrt immer noch wie ein Kätzchen. Und freut sich auch nach wie vor über jeden Kilometer Schotter, weshalb wir ab und an auch immer wieder mal abgebogen sind, wo es diesbezüglich verheißungsvoll aussah. Nicht immer ging es weiter.

In Lairg quartierten wir uns dann gleich für drei Nächte im Highland House B&B ein, um von dort aus Tagestouren zu unternehmen  und ich drehte noch eine kleine Erkundungsrunde zum Loch Shin, über dem ich erstmals auf dieser Reise auch Wolfs Eagle, meinen Mavic Pro von DJI, abheben ließ. Nachdem ich davor schon im Ort eine Tankstelle gesehen hatte, beschloss ich, zunächst ganz entspannt den Tank des Tigers g'scheit leer zufahren, um dann gleich für den nächsten Tag vollzutanken. Doch da hatte ich die Rechnung ohne dem Wirt gemacht: Super war aus und da wir Samstag Abend hatten, würde sich an diesem Umstand bis Montag Nachmittag nichts ändern - na super! Ich war schon froh, noch bis zum Quartier zu kommen und hatte dann das Glück, dass der äußerst bemühte Hausherr Clive, dessen Auto mit Diesel läuft, extra seinen Rasenmäher leerte, damit ich Tags darauf nach Rogart zur nächsten Tankstelle kommen könnte. Dementsprechend beruhigt ließen wir uns dann im Café Pier Lachs bzw. Lamm zum Abendessen  schmecken – das kleine Lokal am Ufer des Loch Shin ist absolut zu empfehlen, allerdings nur Freitags und Samstags geöffnet.

Tag 7 • Entspannte Möwen und Heiße Schokolade

 

 

Lairg - Rogan - Golspie - Dunrobin Castle - Brora - Lairg - Altnaharra - Tounge - Durness - Rhiconich - Merkland Lodge - Achfary - Lairg

 

Streckenlänge: ca. 275 km

 

Strecken-Link: MotoPlaner

Am nächsten Morgen sind wir also gleich einmal los Richtung Rogan – hab ich schon erwähnt, dass im Urlaube Sonntage aber auch sowas von unnötig sind?! Denn die kleine Tankstelle hatte geschlossen und so fanden wir erst nach ca. 40 Kilometern im Küstenort Brora Sprit. Positiv: Wir kamen beim majestätischen Dunrobin Castle vorbei, negativ: Wir hatten schon 80 Kilometer auf der Uhr, als wir die ursprünglich geplante Tour Richtung Durness und Sandwood Bay starteten. Zumeist auf den typischen Passing Place Roads durch wunderbar einsame Landschaften in den Highlands. In Tounge legten wir eine kurze Kaffeepause mit Blick auf die Ruine des Castle Varrich ein, um einen Regenschauer zu überbrücken, ehe uns die Straße auf einem aufgeschütteten Wall über die Kyle of Tounge Meeresbucht weiter Richtung Durness führte.

In dieser Gegend gibt es zahlreiche einsame Strände wie aus dem Katalog rausgeschnitten und so entschlossen wir uns zu einem kleinen Drohnenflug – wobei mir eines (angenehm) auffiel: Während etwa letztes Jahr in Bulgarien das unbekannte Flugobjekt von Seemöven derart heftig attackiert worden war, dass ich mich einmal sogar hektisch zu einer "Notlandung" entschloss, sind ihre schottischen Artgenossen da um einiges entspannter und nahmen von Wolfs Eagle keinerlei Notiz.

Sogar jenes Exemplar, das Mel als ihr bevorzugtes Fotomotiv auserkoren hatte, rührte kein Ohrwaschl bzw. machte selbst dann keinen Flügelschlag, als ich bis auf ein, zwei Meter an sie heranflog, in der Hoffnung ihre "Flucht" auf die Speicherkarte zu bekommen. Fehlanzeige! Wahrscheinlich wartete sie ja darauf, gefüttert zu werden. Fehlannahme!

Die Aufnahmen waren die kurze Pause jedenfalls auch so wert und wir fanden dennoch rechtzeitig vor dem nächsten, diesmal doch etwas heftigeren Schauer ein Lokal, in dem wir uns mit frischen Meeresfrüchten stärkten, während wir am Fenster sitzend den Regen auf den Tiger prasseln sahen. Wie meistens dauerte es nicht lange und wir waren schon bald wieder auf der Piste. Unweit der Ruine der Kapelle von Balnakeil bzw. des dazugehörenden Friedhofs liegt die Schokoladenmanufaktur Cocoa Mountain, bei der es die angeblich beste Heiße Schokolade Großbritanniens gibt. Mangels Vergleichswerte kann ich das zwar so nicht bestätigen, köstlich war sie, sowie der süße Imbiss den wir uns dazu gönnten, allemal! Die Fahrt rauf zum Sandwood Bay ließen wir dann aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit und der unstabilen Wetterlage sein und machten uns auf den "Heimweg" nach Lairg – nicht weniger spektakulär als das davor Gefahrene ging es wieder an einigen Seen vorbei, am Ende dann erneut dem Loch Shin, zum Teil auf Strecken, die ich schon tags davor gefahren war.

Tag 8 • Rauf zum nördlichsten Festland-Zipfel Großbritanniens

 

Lairg - Rogart - Golspie - Brora - Helmsdale - Berriedale - Lybser - Cairns of Hamster - Wick - Ackergill Tower - Duncansby Head - Castle of Mey - Dunnet Head - Thurso - Bettyhill - Altnaharra - Lairg

 

Streckenlänge: ca. 330 km

 

Strecken-Link: MotoPlaner

Nein, es besteht ganz sicher kein Zusammenhang zwischen den Tatsachen, dass Sozia diesmal im Quartier blieb, um ein wenig in der Gegend um Lairg zu wandern und es der zweite Tag der Reise war, in dem ich keinen einzigen Regentropfen aufs Visier bekam. Auch wenn zunächst einmal mehr bedrohlich dunkle Wolken aufgezogen waren (und für eindrucksvolle Fotomotive sorgten), so war mein Tagesziel Richtung Norden gut gewählt. Den ersten Zwischenstopp legte ich bei den Cairns of Hamster ein, zwei in den 1970er-Jahren rekonstruierte Grabhügel von Ausgrabungen, die aus der Zeit von 3500 vor Christus stammen. Man könnte sogar reingehen (das Gittertor ist in erster Linie wegen der dort weidenden Schafe angebracht), mir war das dann aber doch zu eng.

Hatte ich von den historischen Gräbern im Vorfeld gelesen und bin daher beim Ort Lybser gleich dem Wegweiser gefolgt, als ich ihn an der Durchzugstraße entdeckte, so kam ich beim nächsten Zwischenstopp zufällig bzw. unverhofft vorbei – der direkt am Meer gelegene Ackergill Tower wäre schon ein stattlicher Wohnsitz…

…in dem sich ganz sicher auch ein paar Motorräder unterbringen ließen.

Danach folgte wieder ein planmäßiger Höhepunkt, nämlich ein Abstecher zum Duncansby Head. Hier locken vor allem die einzigartigen Felsformationen, die sogenannten Duncansby Stacks, die vor der Steilküste aus dem Wasser ragen, Touristen an die Nordostspitze Schottlands. Um diese zu sehen, muss man vom Parkplatz beim Leuchtturm ein gutes Stück zu Fuß zurück legen. Leider war der Himmel zu dem Zeitpunkt gerade ziemlich bedeckt und stürmischer Wind machte Wolfs Eagle den Erkundungsflug alles andere als leicht, weshalb ich mich nicht ganz an die Stacks ran traute – trotzdem blieben wunderbare Erinnerungen, auch weil ich fast völlig allein dort gewesen bin. Abgesehen von jeder Menge Schafe und zahlreichen, seltenen Vogelarten, die in den Klippen nisten.

Es folgte ein weiteres Beispiel grandioser britischer Handwerkskunst, wie das Foto unten eindrucksvoll beweist – und ein altes Haus…

…in Form des Castle of Mey, das dem Tiger eine standesgemäße Kulisse zur Ablichtung bot. Für eine nähere Besichtigung fehlte die Zeit, schließlich stand auch noch ein Abstecher zum nördlichsten Punkt des britischen Festlands bzw. wenn man so will der "Hauptinsel" auf der To-do-Liste: Dunnet Head, in meinen Augen nicht so spektakulär wie Dunscanby mit seinen bizarren Felsnadeln, aber ebenfalls mit steilen Klippen und vielen Vogelarten.

Der Rest des Tages ist rasch erzählt. Zunächst ging es noch ein Stück der eindrucksvollen Küste entlang, ehe ich bei Bettyhill in Richtung Süden abbog und auf Single-Track-Roads über Altnaharra nach Lairg zurück fuhr. Zum Abendessen gab es frischen schottischen Lachs, den ich unterwegs besorgt hatte, im Gartenhäuschen des Highland House B&B.


Quartier-(Tipp) Lairg:

Highland House B&B

Auf einen Tipp von Thomas aus dem Ossimoto R.A.T.-Pack hatten wir versucht, im Highland House in Lairg Quartier zu finden – es hat geklappt und war's wert! Nicht nur, dass das Anwesen äußerst gepflegt und nett eingerichtet ist und das geräumige Zimmer auch über ein schönes, eigenes Bad verfügt, sind die Gastgeber June und Clive sehr nett. Das Frühstück, das man gemeinsam mit den anderen Gästen an einem Tisch einnimmt (in unserem Fall waren das zwei urige Schotten, die zum Fischen am Loch Shine waren und von deren Slang wir kaum ein Wort verstanden), zählte zu den Besten unserer Reise. Ich mochte vor allem Junes Käseomelette, Mel schwärmte vom frischen Fruchtsalat und dem besten Porridge wo gibt. Auch das Gartenhäuschen mit Blick auf den nahen Fluss steht den Hausgästen zur Verfügung. Bezahlt haben wir fürs Doppelzimmer inkl. Frühstück £ 80 pro Nacht, für nur eine Nacht wären £ 85 zu berappen.


Tag 9 • Feiner Abstecher zur Halbinsel Coigach

Lairg - Rosehall - Ledmore - Elphin - Drumrunie - Achiltibuie - Badenscallie - Polbain - Alandhu - Drumrunie - Ardmair - Morefield - Ullapool  - Dundonell - Gairloch

 

Streckenlänge: ca. 220 km

 

Strecken-Link: MotoPlaner

Bei wechselhaftem Wetter, immer wieder gab es zwischendurch kurze Schauer, kehrten wir Lairg den Rücken und machten uns auf an die Westküste. Nicht umsonst genießt diese den Ruf, die feuchteste Ecke dieser feuchten Insel zu sein. Der kurzfristig eingelegte Abstecher auf die Halbinsel Coigach war ein absolut lohnenswerter, die Strecke zu den etwas abseits gelegenen Küstendörfern Achiltibuie oder Alandhu zählte zu den schönsten unserer Tour.

Danach gab's die fast schon zur Gewohnheit gewordene Räucherlachs-Stärkung zwischendurch in einem "Tea Room"...

…ehe es größtenteils die Küste entlang bis nach Gairloch ging, wo ich am frühen Abend am Strand direkt gegenüber unseres Hotels wieder mal die Drohne steigen ließ. Das anschließende Essen im nahen The Shieling Restaurant  war vom Allerfeinsten.


Quartier Gairloch:

Gairloch Hotel

Von außen wirkt das Erscheinungsbild dieses zur britischen "Bespoke"-Gruppe zählende Hotel recht imposant, es hat seine beste Zeit aber garantiert schon länger hinter sich. Die Zimmer wirken recht abgewohnt, die Betten durchgelegen wie Hängematten, das Bad kalt. Zwar ist das Frühstück nicht schlecht gewesen, aber doch weit von jenem Standard entfernt, den wir in Schottland mittlerweile schätzen gelernt haben. Und das WIFI funktionierte nur in der Hotel-Lobby (in allen anderen Quartieren der Reise einwandfrei auch im Zimmer). Kurz: Eigentlich hatten wir vorgehabt, in diesem "strategisch" an der Bundesstraße A832 gut für eine Applecross-Runde sowie an einem wirklich schönen Strand gelegene Haus gleich zwei Nächste zu bleiben – ein Gedanke, den wir aber schon bald wieder verwarfen. Bezahlt haben wir fürs Zweibettzimmer (ein Zusammenschieben der Betten war nicht möglich) £ 81.