Vier auf (Abenteuer)-Tour

Man muss nicht wochenlang unterwegs sein, um etwas zu erleben – im konkreten Fall sind wir sogar früher als geplant wieder daheim gewesen, die Gründe dafür stehen etwas weiter unten. Aber trotz ihrer Kürze war unsere Balkan-Tour eine rundum feine Angelegenheit, die wir wohl in ähnlicher Form bald einmal wiederholen werden. Wir, das waren diesmal...

Max, der Spaßvogel

der – wenn er nicht gerade mit mir wie im Vorjahr durch die Westalpen oder diesmal den Balkan tourt – meist gerade auf Reisen ist, als rüstiger Pensionist mit seiner Liane und dem Moped im Van quer durch Europa fährt, ihre Route bestimmt dabei fast immer die Großwetterlage. Beneidenswert!  Stets einen Witz auf den Lippen sorgt er rund um die Uhr für gute Stimmung – und ist für mich auch eine Art "Vorbild" bzw. Motivator: Zeigt er doch, dass selbst in zwei Jahrzehnten noch lange nicht Schluss sein muss mit unser aller Hobby. Stark, wie souverän er seine Honda Dominator oder auch die diesmal daheim gebliebene BMW GS bewegt. Vor einem Jahr noch war er besessen davon, endlich einmal die Ligurische Grenzkammstraße zu fahren und danach enttäuscht, dass es mit dem Wetter nicht geklappt hat, jetzt ist ihm das nicht mehr ganz so wichtig. "Wenn's passt, dann passt's", sagt er – schließlich weiß er spätestens seit dieser Tour, dass er's könnte...

Gigl, die gute Seele

der immer auf Harmonie innerhalb der Gruppe bedacht ist und keinem böse sein kann, was vice versa natürlich genauso gilt. Ich kenne kaum wen, der sensibler, hellhöriger sein kann. Bei ihm ist im Jahr "nur" eine Motorradreise drinnen, dementsprechend akribisch genau ist er bei der Planung, hatten wir ihm das eine oder andere Highlight dieser Tour zu verdanken – ich sag jetzt nur Vermosh. Auf Asphalt hängt ihn im kurvigen Geläuf mit seiner Honda Transalp sowieso so schnell kaum einer ab, aber auch im Schotter fühlt er sich sichtbar immer wohler. Und dass er mir bei der Heimreise immer wieder auch ohne ihn  darum zu bitten beim Auf- und Absteigen behilflich gewesen ist – wer jetzt nicht weiter liest, wird nie wissen, warum –  werde ich ihm sowieso nie vergessen: Der nächste Topfinger in der Kuchl geht auf mich, mein Freund!

Klaus, der Gerechtigkeitsfanatiker

der keine Konfrontation scheut, so er es für nötig erachtet – warum auch durch die Tür gehen, wenn eine Wand da ist? Und doch strahlt er eine unendliche Ruhe aus, wenn er wie Buddha auf seiner selbstredend selbst für die Fernreise aufgebauten Honda Transalp sitzt und dabei ganz schön kräftig am Gashahn dreht, völlig egal auf welchem Untergrund. Der passionierte Schrauber weiß für wirklich jedes Problem eine Lösung und lässt einen Tag für Tag erneut erstaunen, was ein Mann allein frühstücken, abendessen oder auch zwischendurch so "snacken" kann. Verrückt genug ist er obendrein, überall dort reinzufahren, wo es mich reinzieht – aber für einen, der mit dem Moped schon bis in die Mongolei und wieder zurück gefahren ist, ist der nahe Balkan ohnehin Kindergeburtstag.

Wolf, der Rastlose

sagen zumindest die anderen über mich – und hatten kein Problem damit, dass ich, wenn mir die Kaffeepause zu lang wurde, schon mal allein die Gegend erkundete. Ich glaube, die Drei hätten mich womöglich sogar gesucht, wenn ich nicht zurück gekommen wäre…

Tag 1 • Kilometerfressen

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Wien - Graz - Spielfeld - Maribor - Zagreb - Banja Luka - Sarajevo - Foca

Warten auf die Pizza in Banja Luka
Warten auf die Pizza in Banja Luka

Wie schön Slowenien mit dem Motorrad sein kann, hatte ich erst wieder wenige Tage vor dieser Reise beim Endurowandern erlebt, diesmal war unser südliches Nachbarland allerdings nur Transitroute, die so wie jene durch Kroatien am Bandl absolviert wurde. Galt es doch am frühen Nachmittag im bosnischen Banja Luka den Max aufzusammeln – weshalb ab unserem frühmorgendlichen Treffpunkt beim Restaurant einer amerikanischen Fast-Food-Kette an der Südautobahn vorerst einmal Kilometerfressen angesagt war. Bis zum Abend standen knapp 850 davon am Tageszähler des Tigers, davor hatte mich Papa Max einmal mehr überrascht. Dass er bei seinen Heimspielen in Frankreich praktisch an jeder Ecke ein Lokal kannte, war im Vorjahr ja noch aufgrund unzähliger Touren vor Ort einigermaßen nachvollziehbar, diesmal reichten ihm aber nur wenige Stunden Vorsprung, um uns den Fremdenführer zu machen. "Dort drüben gibt's ein super Eis", empfing er uns in der pulsierenden Innenstadt Banja Lukas in gewohnter Manier, "und hier Riesenpizzas." Dass letztere nicht nur groß waren, sondern auch vorzüglich schmeckten, unterzogen wir gleich einer unverzüglichen Überprüfung. Gestärkt ging es dann auf kleinen, kurvigen Straßen weiter über Sarajevo bis zu unserem Tagesziel Foča kurz vor der montenegrinischen Grenze.

Am Weg von Sarajevo nach Foca
Am Weg von Sarajevo nach Foca

Dort fanden wir mit dem Motel Bavaria ein feines, von deutschen Auswanderern geführtes Quartier (mit freiem, bestens funktionierendem WiFi, einem Bungalow für Klaus & mich sowie sauberen Zimmern für den Rest der Crew) samt guter Küche, speziell das Frühstück ist richtig üppig – einzig Klaus schaffte es, sein Tellerchen leer zu putzen, weshalb er dann auch für das feine Wetter am nächsten Tag verantwortlich zeichnete…

Tag 2 • Beeindruckt vom Durmitor-Nationalpark

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Foča - Piva-Schlucht - Durmitor Nationalpark - Tara-Schlucht - Kolasin - Biogradska Gora Nationalpark - Plav

Von Foča waren es nur noch wenige Kilometer nach Montenegro, wo wir auf einer teils rumpeligen Asphaltstraße samt atemberaubenden Ausblicken den Piva-Fluss, einen der beiden Quellflüsse der Drina, entlang fuhren – eine Landschaft, die ihresgleichen suchen kann! Wobei der Straßenbelag im Balkan seine Tücken hat, vom Grip wie etwa in Frankreich oder auch Italien keine Rede sein kann, selbst bei Trockenheit. Jeder von uns hatte seine Rutscher, jener von Klaus in einer langsamen Kurve endete sogar mit Bodenkontakt des Lenkers. Als wir die Stelle, wo sein Vorderrad unvermittelt wegging, nachher begutachteten, war ersichtlich, dass die Straße an jener Stelle für gut zwei Meter spiegelglatt, das uns einen Riesenschrecken einjagende Hoppala also kaum zu verhindern gewesen ist.

 Kurz vor der Brücke über den Piva-Stausee geht es links durch einen Tunnel hinauf in den Durmitor-Nationalpark, der punkto Landschaft zu den absoluten Höhepunkten der Reise zählte. Die Hauptroute durch das kleine Bergdorf Tara, das auch Übernachtungsmöglichkeiten bietet, ist asphaltiert, zahlreiche kleine Schotterstraßen rundherum laden zu Erkundungstouren ein – ein guter Grund, wiederzukommen, um hier für einige Tage die Zelte aufzuschlagen.

 

Hier ein paar Eindrücke vom Durmitor-Nationapark inklusive Tara und der Passhöhe am Sedlo auf 1.907 Meter Seehöhe:

Die anschließend besuchte Tara-Schlucht, mit bis zu 1600 Meter hohen Felswänden hinter dem Grand Canyon (1800 m)  die zweitgrößte Schlucht der Welt,  war in unseren Augen vergleichsweise wenig spektakulär, wenn auch von zahlreichen Touristen besucht.  Viel zu wenig sieht man von oben, da bedarf es wohl einer Rafting-Tour im Wasser der Tara, um eine Vorstellung der wahren Dimensionen zu bekommen. Die Fahrt entlang der Schlucht war zwar nett, fahrerisch aber nicht viel anders als etwa durchs Höllental in Niederösterreich, Einblicke auf den Fluss gibt's nur selten. Was sich südlich von Kolasin in Richtung Podgorica freilich bessert, wie ich von meiner letztjährigen Reise mit Tom weiß.

Nur selten sieht man von der Straße auf die Tara
Nur selten sieht man von der Straße auf die Tara

Wir bogen im für Balkan-Verhältnisse noblen Wintersportort Kolasin freilich in östliche Richtung ab, um über verwinkelte, enge Straßen am Rande des Biogradska Gora Nationalparks bis kurz vor der albanischen Grenze zu gelangen. Am Ufer des Plavsko Jerezo, einem kleinen See in den Bergen, fanden wir mit der Pension "Lake View" ein einfaches Quartier, in dem uns der Wirt gleich mit Sliwowitz aufs Haus empfang. Geschlafen haben wir in einer kleinen Holzhütte, die (Gemeinschafts)-Dusche war im Haupthaus, in dem es auch WiFi gibt. Das Essen – die Kellnerin empfahl uns Krautroladen als lokale Spezialität – üppig und gut:

Tag 3 • Spaß & Nass am Vermosh

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Pav - Vermosh - Koplik

Obwohl wir die einzigen "Gäste" am kleinen, 24 Stunden geöffneten Grenzübergang bei Vermosh waren, dauerte es recht lange, bis uns die netten aber keineswegs übereifrigen Zöllner passieren ließen – sie wirkten direkt dankbar, endlich etwas zu tun zu haben und trugen sogar unsere Fahrzeugdaten in irgendeine handgeschriebene Liste ein, was ich davor noch bei keiner Einreise nach Albanien registriert hätte. Max und ich nutzten die Zeit, um den Ölstand unserer Mopeds zu überprüfen und sie für die erste längere Schottertour der Reise bereit zu machen. Gut 50 der rund 80 Kilometer hinunter nach Koplik waren unbefestigt und teilweise durchaus anspruchsvoll zu fahren. Auch, weil schon bald Regen einsetzte, der sich zwar unterwegs wieder verzog, zum Ende hin aber wirklich heftig wurde.



Bei blauem Himmel steht diese Strecke mit Sicherheit auch den Highlights in den französisch-italienischen Westalpen um nichts nach, wer sie in diesem Zustand nachfahren will, wird sich allerdings beeilen müssen, da die Albaner gerade dabei sind, die Straße von Koplik hinauf in Richtung Grenze zu asphaltieren. Ein Meilenstein für die Bewohner in den kleinen Siedlungen des Vermosh-Tals, so bitter das auch für uns Offroad-Liebhaber sein mag.

Eigentlich hätten wir an diesem Tag noch von Koplik die Nordroute nach Theth nehmen wollen, mittlerweile sorgte der Regen aber bereits für Überschwemmungen, weshalb wir von dieser Idee Abstand nahmen und uns stattdessen ein Dach über den Köpfen suchten. Was wir dann schließlich im Hotel Holiday auch fanden, für 25 Euro im Doppelzimmer (bzw. 50 bei Einzelbelegung) bekommt man ein für albanische Verhältnisse wirklich gutes Haus mit Dusche und WC am Zimmer samt reichlich Frühstück und WiFi – wobei wir ein paar Stunden auf Strom warten mussten, in Anbetracht der Unwetter, die auch noch die ganze Nacht hindurch tobten, war ich überrascht, dass dies überhaupt noch klappte.


Zum Abendessen bot uns die freundliche Crew an jungen Männern, die das Hotel führt, "Chicken Beef" an, was sich schließlich als gegrillte Hühnerstücke mit Pommes und Salat entpuppte. Scheint dort Standardprogramm zu sein, gab es doch dieselbe Kombination auch am nächsten Abend…

Tag 4 • Erst Theth, dann geht nix mehr

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Koplik - Theth - Koplik auf unterschiedlichen Wegen

Die Wolkenstimmung erinnerte ans Vorjahr
Die Wolkenstimmung erinnerte ans Vorjahr

"Ich seh' den Wolf schon mit einem langen weißen Bart vor mir, wie er gerade seinen x-ten Anlauf auf Theth plant." Der Scherz, der Max beim Frühstück von den Lippen kam, hatte einen durchaus ernsten Hintergrund: Erst im Vorjahr hatte ich zusammen mit meinem Freund Tom die Fahrt ins albanische Bergdorf wegen heftiger Unwetter abbrechen müssen, und auch diesmal sah die Großwetterlage um keinen Deut besser aus – dazu hatten die Kollegen allesamt noch nasse Stiefel vom Vortag bzw. dementsprechend frische Erinnerungen an die sintflutartigen Regenfälle. Doch schon am Weg zu den Motorrädern sah ich erste Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke blinzeln und mit jedem gefahrenen Kilometer wurde die Laune unter den (feuchten) Helmen besser: Das wird was!

 

Blick auf den Arapi (2.217 m.)
Blick auf den Arapi (2.217 m.)
Passhöhe Thore-Pass (1.630 m.)
Passhöhe Thore-Pass (1.630 m.)

Hier begann 2013 die Schotterstrecke
Hier begann 2013 die Schotterstrecke

Und was für ein Tag es wurde! Wobei die albanischen Straßenbauer auch hier im Vormarsch sind, gegenüber 2013, als der Weg ab dem Ort Boge unbefestigt gewesen ist, wurden bereits zwölf  weitere Kilometer (mit kleineren Unterbrechungen) geteert, weiter als bis zur Passhöhe des Thore-Passes soll die Strecke aber nicht asphaltiert werden, wie mir ein Ortsansässiger verriet. Von dort verbleiben von den aktuell noch ca. 15 Kilometern Schotter dann noch 12 auf der relativ einfach zu fahrenden Nordzufahrt.

Ab hier soll es auch künftig geschottert nach Theth weiter gehen…
Ab hier soll es auch künftig geschottert nach Theth weiter gehen…

Das tief in den albanischen Alpen gelegene Theth, das im Winter oft wochenlang nur zu Fuß erreichbar ist, ist übrigens eine auf mehrere Kilometer ausgebreitete Streusiedlung, in der im Sommer bis zu 4.000 Menschen, im Winter kaum mehr als 100 leben. Nach einer kurzen Stärkung nahmen Klaus und ich die Südabfahrt in Angriff, während sich Gigl und Max dafür entschieden, denselben Weg zurück nach Koplik zu nehmen und erneut im Hotel Holiday einzuchecken. Schon nach wenigen Kilometern entpuppte sich die Südroute als fantastische Wahl, auch wenn es zu Beginn leicht zu tröpfeln begann (was aber rasch wieder vorbei war): Genau solcher Strecken wegen sind wir gekommen!

Grober Schotter wechselt sich mit spitzen Steinen, kleine Furten mit längeren Lacken, tiefe Abgründe mit Waldstücken, steile Anstiege mit ebensolchen Abfahrten ab – kurz: Es gibt immer was zu Schauen, die Konzentration sollte dennoch auf der Fahrbahn bleiben. Im Augenwinkel registrierten wir ein Holzkreuz, unscheinbar und doch zur Vorsicht mahnend: Markiert es doch die Stelle, an der heuer am 1. Juni ein tschechischer Motorradreisender durch die Böschung und dann rund 100 Meter in die Tiefe gestürzt ist. Um den tödlich verunglückten 44-jährigen David Polách ranken sich unter den Einheimischen die wildesten Geschichten. Manche behaupten, er wäre schon in Theth als Raser aufgefallen, ein anderer erzählte uns, er habe gehört, dass er die Nacht davor in einer Bar über den Durst getrunken hatte. Meine Recherchen ergaben, dass er in einer Gruppe mit zwei Kollegen unterwegs gewesen ist und am nassen Terrain die Kontrolle über sein Motorrad verlor, nicht mehr und nicht weniger. Wer auf solchen und ähnlichen Gebirgsstrecken unterwegs ist, sollte sich auch der möglichen Gefahren bewusst sein.

Warum wir überhaupt dazu gekommen sind, uns über derartige Dinge zu unterhalten bzw. die Zeit dazu hatten? Auch unsere Fahrt fand ein jähes Ende. Etwa auf halber Strecke nach Shkodra zog es mir auf einem eher harmlosen Anstieg das Vorderrad weg und noch bevor ich wusste, wie mir geschah, lag ich auch schon ein paar Meter neben dem Tiger. Während ich noch überprüfte, ob alle Knochen heil geblieben waren, sah ich bereits den Grund des Abflugs:

Ein platter Vorderreifen, der wohl schon ein, zwei Kilometer davor den Kampf gegen einen (zu) spitzen Stein verloren und schleichend Luft gelassen hatte. Was man auf Asphalt relativ rasch bemerkt, ist auf wechselndem Untergrund oft umso schwieriger, dennoch ärgerte mich der Umstand, es nicht schon registriert zu haben, bevor ich den Lenker in den Gatsch legte. Kein Problem, wenn man einen Klaus dabei hat, dachte ich: Vorderrad runter, Schlauch geflickt, Reifen wieder rauf, aufgepumpt - doch da auch das Ventil und der Mantel (da passte sogar Klaus' Finger durch!) zu stark beschädigt waren, war an ein Weiterfahren nicht mehr zu denken, über den Pannenspray von Tante Luise hätte der Heidenau wohl nur noch mitleidig gelacht.

Doch wir hatten gleich mehrfach Glück im Unglück:

• Zum einen, dass wir davor in Theth den hervorragend englisch sprechenden Jimmy Guri kennegelernt hatten, der mir als Manager des ThethiParks seine Karte in die Hand drückte mit den Worten, "wenn ihr irgend ein Problem habt, ruft mich an".

• Und zum zweiten, dass der Zwischenfall nur unweit einer kleinen Siedlung passierte, weshalb im Nu hilfsbereite Albaner vor Ort waren, wir zusammen die Mopeds ins Dorf brachten und uns die Wartezeit bis zur "Bergung" mit Kaffe und frischem Quellwasser vertrieben (okay, ein Bier hatte ich auch, aber ich wusste ja, dass ich nicht mehr fahren werde und irgendwie musste man sich ja auch wieder beruhigen).

Es folgte eine recht spektakuläre Aktion mit den Bikes in einem Truck (Klaus entschied sich dagegen, vor oder hinter uns her zu fahren, was in Anbetracht der Tatsache, dass wir erst bei stockdunkler Nacht in Koplik angekommen sind, keine schlechte Wahl gewesen ist). Auf vier Rädern wurde die Strecke, die mit den Reisenduros so viel Spaß macht, freilich selbst für den Local Jimmy zur Herausforderung, wollte man phasenweise wirklich nicht mehr beim Seitenfenster hinausschauen, ob denn noch irgendwas neben dem Abgrund an "Landschaft" da ist, wo der Reifen Grip finden könnte…

Alles fest verzurren...
Alles fest verzurren...
…damit Jimmy loslegen kann
…damit Jimmy loslegen kann

In der Zwischenzeit waren Gigl und Max auch nicht untätig und schafften es tatsächlich, einen Vorderreifen samt Schlauch in der benötigten Dimension zu besorgen, letzterer war sogar neu. Mit Hilfe des hilfsbereiten Hotelpersonals fand sich doch tatsächlich irgendwo in Shkodra ein verstaubter, doch schon recht abgefahrener Dunlop zum stolzen Preis von € 60 (bei uns entsorgt man so ein Teil), mit den € 150 der Berge-Aktion (100 für den Truck-Besitzer, 50 für Jimmy) sowie ein wenig Trinkgeld für die Helfer in den Bergen war's unterm Strich keine billige Ausfahrt. Dennoch leistete ich mir noch ein zweites Bier vorm Schlafengehen (und der freundliche Kellner versorgte mich mit Eis zur Kühlung der Prellungen), um die Lösung des Problems der durch die Transportstrapazen eingeknickten Seitenständer (bzw. Seitenständeraufnahme beim Tiger) wollten wir uns kurz vor Mitternacht nicht mehr kümmern.

Impressionen eines langen Nachmittages:

Tag 5 • Gigl zeigt sich solidarisch

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Koplik - Podgorica - Cetinje - Lovcen - Kotor


Den nächsten Morgen verbrachten Klaus und seine Assistenten (also wir) mit dem Wechsel des Tiger-Reifens. Dem Gigl scheint die Aktion derart gefallen zu haben, dass er sich später in Montenegro solidarisch zeigte und oben am Lovcen kurzerhand den Hinterreifen seiner Transalp platt fuhr. Da halfen auch zwei Dosen vom vorsorglich mitgebrachten Pannenspray nichts, weiter als bis zum nächsten Reifenflicker sollten wir damit nicht mehr kommen. Zwei kaputte Reifen binnen zwei Tagen – Pech muss man haben!

Jenes mit den Seitenständern löste zumindest Klaus auf die ihm eigene "mongolische" Art, indem er sich kurzerhand ein dickes Holzscheit auf den Seitenkoffer schnallte, um es im Bedarfsfall unter den Sturzbügel zu drücken.

Wie wichtig solch ein Seitenständer speziell bei vollbepackten Motorrädern ist, verspürt man vor allem dann am eigenen Leib, wenn dieser praktisch an allen Körperteilen schmerzt. Allein wäre es mir fast unmöglich gewesen, auf- und abzusteigen, ohne dass mir jemand zur Hand geht, auch das Aufbocken auf den Hauptständer, das beim Tiger schon unbeladen einiges an Kraftaufwand erfordert, war in meinem Zustand eher schwer zu bewerkstelligen. Schön, dass jederzeit eine hilfreiche Hand aus der Gruppe zur Seite stand, auch wenn dies für Außenstehende wohl nicht gerade sehr professionell ausgesehen haben mag. Beim Fahren störten mich die Prellungen weniger, auch die Gashand funktionierte (fast) wie eh und je…

Wobei die Tagesstrecke über Podgorica und Cetinje hinauf auf den Lovcen, von dem es mit tollen Ausblicken auf die Bucht von Kotor kurvenreich abwärts geht, überschaubar blieb. Noch in der Reifenwerkstatt ließen wir uns ein verdächtig preiswertes Quartier aufschwatzen, das zwar schön in der historischen Altstadt lag, vom Komfort und Platzangebot aber eher der Kategorie "Jugendherberge" zuzuordnen gewesen ist. Was soll's: Ich kämpfte mich trotz Schmerzen nach oben ins Stockbett, und schon davor hatten wir die Launen in einem wirklich feinen Fischrestaurant längst wieder gehoben.

Tag 6 • Einfach sitzen bleiben…

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Kotor - Herceg Novi - Dubrovnik - Opuzen - Makarska - Tucepi


Klaus ist schon ein wenig unrund gewesen, so ganz ohne Frühstück loszufahren, auch wenn ich ihm versichert hatte, dass wir an der Küstenstraße auf alle Fälle etwas finden würden. Nach zwei Absagen in Cafés, die uns lediglich Getränke verkaufen wollten, fanden wir dann aber doch noch ein Lokal, das neben dem Gaumen auch das Auge erfreute – sei es durch die fast direkt vor unseren Tischen malerisch schimmernde Bucht von Kotor oder was sonst noch so am sechsten Tag einer reinen Männertour die Erinnerung an Daheimgebliebene(s) auffrischt…

Da Auf- und Absteigen mittlerweile wirklich zur Qual wurde, blieb ich den Rest des Fahrtages, ziemlich genau sieben Stunden lang, einfach am Tiger sitzen, Tank-, Trink- und Foto-Stopps inklusive. Wer mich kennt, der weiß, dass es Schlimmeres für mich gibt, als auf dem Motorrad zu sitzen (etwa im Büro) und beim Fahren ging es meinen Knochen noch am besten. Quartier fanden wir nach einer längeren Runde durch Makarska, in der wir immer wieder von aufdringlichen Vermietern auf ihre ach so tollen Apartments angesprochen wurden, schließlich im Badeort Tucepi, der im Gigl Jugenderinnerungen weckte. Der Sprung ins erfrischende Nass der Adria und ein gutes Abendessen samt feudalem Eisbecher entschädigten für die Strapazen. 

Tag 7 • Wieder weg vom Meer

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Tucepi - Split - Primosten - Sibenik - Pakostane - Obrovac - Gradac - Korenica - Plitvička Jezera

Die Fahrt weiter Richtung Norden auf der Jandranska Magistrala war unspektakulär schön und ohne Zwischenfälle, der fast ständig mögliche Seitenblick aufs Meer macht diese Straße auch zu etwas, das man zumindest einmal gefahren haben muss. Apropos ohne Zwischenfälle – eine kleine Einlage beim Tanken lieferten wir ja trotzdem. Als Klaus an der Zapfsäule aus Routine doch einmal den verbogenen Seitenständer runterklappte und schwungvoll absteigen wollte, lag die Transe auch schon am Boden. Die nun folgende Szene mag auf den unbedarften Beobachter eigenartig gewirkt haben: Ich, der ich nur wenige Meter daneben stand, machte jedenfalls keine Anstalten, dem Kollegen zu helfen, sondern drehte mich nur kurz um, rief wie der Capo der Gang: "Gigl, der Klaus ist gestürzt und bräuchte Hilfe!“ Kaum ausgesprochen, packte unsere gute Seele auch schon mit an, um das vollbepackte Motorrad wieder aufzurichten, während ich die Aktion untätig beobachtete. Ein Fremder konnte ja nicht ahnen, dass ich mich mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls dazugelegt hätte, wäre ich dem Klaus zur Hilfe geeilt…

Bei Pakostane verließen wir die Küste in Richtung Landesinnere, die Fahrt über die Berge zur Plitvitzer Seenplatte  erinnerte von der Kulisse an die Winnetou-Filme unserer  Jugend. Da passte die gleichnamige Pension als Quartier für die Nacht ganz besonders – das Essen war üppig, die Zimmer schmuck und sauber, einzig das auf einem großem Schild offerierte WiFi funktionierte, wenn überhaupt, nur äußerst schleppend und lediglich im Restaurantbereich.

Tag 8 • Auf direktem Weg nach Hause

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Plitvička Jezera - Karlovac - Zagreb - Maribor - Graz - Wien

Dafür gab's beim Winnetou erstmals auf dieser Reise ein Frühstücksbuffet, an dem wir uns reichlich bedienten – der anschließende Blick aus dem Fenster ließ die ursprünglichen Pläne, uns noch in Slowenien rund um Mangart & Co. herumzutreiben, jedoch verwerfen: Regen! Also beschlossen wir auf direktem Wege nach Hause zu fahren, anstatt noch ein, zwei Tage in der Gegend zu verbringen, ehe ich mich mit Sozia (die ursprünglich mit dem Zug entgegenkommen wollte) an der Südsteirischen Weinstraße einquartierte. Max trennte sich schon früh von uns in Richtung Kärnten, wo sein Ducato wartete, wir anderen fuhren in Richtung Zagreb. Bei Karlovac kamen wir an nachdenklich stimmenden Mahnmalen des noch gar nicht so lange zurück liegenden Jugoslawien-Krieges vorbei, am späten Nachmittag waren wir dann auch schon daheim. Wobei es sich Gigl nicht nehmen ließ, mich für den Fall des Falles (vom Moped) bis zur Haustüre zu begleiten – so ist er eben.

Mit Spanngurten verschlossen und mit Panzertape regendicht gemacht: Der lädierte Touratech-Seitenkoffer am Tiger (Bild oben). Mahnmal zum Jugoslawien-Krieg im kroatischen Karlovac (rechts).
Mit Spanngurten verschlossen und mit Panzertape regendicht gemacht: Der lädierte Touratech-Seitenkoffer am Tiger (Bild oben). Mahnmal zum Jugoslawien-Krieg im kroatischen Karlovac (rechts).

Fazit:

 

Obwohl bestimmt vier grundverschiedene Typen, waren wir als Team nahezu perfekt, was diese Reise zu einer ganz besonderen werden ließ. Dazu kam ein Schuss Abenteuer, auch durch unvorhersehbare Ereignisse, sowie tolle Strecken bei größtenteils gutem Wetter: Regen gab es lediglich an zwei von acht Tagen – an diesen dafür ordentlich. Getroffen sind wir durchwegs auf freundliche, hilfsbereite Menschen, allen voran in Bosnien und Albanien, wo sich die Leute noch sichtbar freuen, wenn man ihr Land bereist. Das werde ich definitiv in Zukunft noch öfter machen, gerne auch wieder mit dieser Truppe! Wobei man dafür auch ein wenig Ruhe und Gelassenheit mitnehmen sollte – denn wie formulierte es Klaus doch so treffend? "Wir haben die Uhr und die haben die Zeit.“ Dem ist wenig hinzuzufügen.

 

 

> HIER < geht's noch zum Reisebericht auf Klaus' Seite.