Einmal kurz quer durchs Land

Tag 1 • Zufallsbegegnungen

 

Wien - Salzburg - Bad Reichenhall - Lofer - St. Johann/Tirol - Kitzbühel - Kitzbühler Horn - Brixen - Wörgl - Schwaz - Wattens - Innsbruck - Igls- Patsch

 

Streckenlänge: Ca. 500 Kilometer

 

Das Dumme an beruflichen Terminen ist, dass sie eingehalten werden sollten, das Gute, dass sie einen oft in schöne Gegenden führen. So auch diesmal, als mich der von den Nachwehen der Balkan-Tour wieder fit gemachte Tiger (lediglich ein immer noch etwas lädierter Seitenkoffer fehlt als letztes Zeugnis unseres Abenteuers) ins "Heilige Land" Tirol brachte, um von einem Fußballspiel zu berichten. Aus erwähnten Gründen der Pünktlichkeit spulte ich die ersten knapp 300 Kilometer bis kurz vor Salzburg auf der Autobahn A1 ab, danach hatte ich dann Zeit genug für Nebenstraßen.

Etwa jene hinauf aufs Kitzbüheler Horn, für die freilich € 4,50 pro Motorrad an Maut und – man merkt, dass man in einer Tourismus-"Abzocke"-Region ist – weitere € 3 pro Person zu berappen sind. Letzteres ist zwar ein Konsumationsgutschein in gleicher Höhe fürs Restaurant Alpenhaus, der Beigeschmack bleibt aber ein wenig schal. Dafür kommt man dann, zumindest Wochentags und abseits der Ferienmonate Juli/August, wo das Horn meist völlig überlaufen ist, in den Genuss einer netten, schmalen, kurvenreichen Strecke und oben angelangt auch wunderbaren Fernblicken in die umliegende Bergwelt.


Freeride mit "Spezial"-Seitenständer
Freeride mit "Spezial"-Seitenständer

Samt interessanter Begegnungen für mich: Erst traf ich zwei steirische Wanderer, von denen sich einer ebenfalls als Tiger-800-XC-Treiber entpuppte, der andere GS-Fahrer ist, die diesmal jedoch per Pedes unterwegs gewesen sind, dann einen Hirten, der zur täglichen Arbeit auf den umliegenden Almen mit der Freeride 350 unterwegs ist. Und sich punkto Seitenständer offenbar eine Anleihe bei meinem Freund Klaus genommen hat, der diesen auf der Heimreise von Albanien an seiner Transalp zuletzt ja durch einen Holzblock ersetzt hatte – nur dass für die lädierte Stütze der nur rund 100 kg leichten KTM schon ein dünner Ast ausreicht…

Apropos interessanter Begegnungen: Im Grünwalderhof in Patsch, in dem ich nach langer Quartiersuche nur deshalb gelandet bin, weil offenbar ganz Innsbruck und auch das nahe Igls wegen einer Gastronomie-Messe völlig ausgebucht waren, bekam ich die Bestätigung, durch meine Internetpräsenz mittlerweile bekannt wie ein bunter Hund zu sein: Schon im Lokal hatte mich ein ebenfalls in Motorrad-Kluft gehüllter Mann verdächtig lange angesehen, als er dann draußen vor der Tür meinen Tiger stehen sah, war er sich wohl endgültig sicher und kam zurück. "Wolf", hörte ich ihn rufen, um dann festzustellen, dass es sich um Georg E. aus dem Tigerhome handelte, den ich virtuell ja schon einige Zeit kenne. Hat mich sehr gefreut, den Innsbrucker Georg endlich auch real kennenzulernen, schade nur, dass sich kein Kaffeeplauscherl mehr ausging – die Sache mit den Terminen, die es einzuhalten gilt…

…aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.

Der Seniorchef des Hauses ist übrigens ein Goldwing-Fahrer und überließ mir für den Tiger über Nacht seinen überdachten Abstellplatz.

Tag 2 • Hoch hinaus

 

Patsch - Wattens - Schwaz - Zell am Ziller - Gerlos - Neukirchen am Großvenediger - Mittersill - Zell am See - Bruck - Großglockner Hochalpenstraße - Heiligenblut - Spittal/Drau - Eisentratten - Leobengraben - Nockalmstraße - Thomatal - Rammingstein - Predlitz-Turrach - Murau - Schönberg-Lachtal - Knittelfeld - Semmering Schnellstraße - Südautobahn - Wien

 

Streckenlänge: ca. 700 Kilometer

Das (journalistische) Tagwerk in Form der Nachbetrachtung des vorabendlichen Fußballspiels hatte ich noch in der Nacht erledigt und in die Redaktion geschickt, womit nach einem ausgiebigen Frühstück einem ebensolchen Fahrtag nichts mehr im Wege stand. Durchs Zillertal ging es in Richtung Gerlos, wo für die gleichnamige Alpenstraße wieder einmal € 5,50 pro Motorrad zu bezahlen waren (Stand September 2014). Als Gegenleistung bekommt man eine bestens ausgebaute Bergstraße mit schönen Kurven und ebensolchen Ausblicken, die es anderswo freilich auch gratis gibt.

Durlaßboden Speicher bei Gerlos (oben), auf der Gerlos-Alpenstraße (unten)
Durlaßboden Speicher bei Gerlos (oben), auf der Gerlos-Alpenstraße (unten)

Nach Neukirchen am Großvenediger (nächstes Jahr würde ich es gerne endlich einmal zu den Triumph TriDays dort hin schaffen, allerdings bin ich zu der Zeit meistens auf Reisen) wartete der Höhepunkt des Tages, die Großglockner Hochalpenstraße. Stolze 24 Euro kostet die Tageskarte für die Fahrt auf den höchsten Berg des Landes inzwischen, alle ein, zwei Jahre ist es mir das allerdings wert. Freilich nur unter der Woche und außerhalb der Sommermonate Juli/August, weil man sonst definitiv nicht zum Fahren kommt und Stau kann ich auch auf der Wiener Südost-Tangente haben…


Am Hochtor (2.504 m) gab's auf Kärntner Seite schon etwas Schnee
Am Hochtor (2.504 m) gab's auf Kärntner Seite schon etwas Schnee

Diesmal, an einem Mittwoch Mitte September war die Fahrt wieder vom Feinsten, wozu auch das Kaiserwetter beitrug. Lediglich oben hielten sich ein paar hartnäckige Wolken, nach dem Hochtor auf Kärntner Seite lag auch schon etwas Schnee – die (gut ausgebaute) Straße war aber fast durchwegs trocken. Übrigens kennt wohl jeder von uns das Gefühl, dass Passstraßen von unterschiedlicher Richtung aus angefahren fast zwei verschiedene Pässe sind (vor allem am Stilfser Joch geht es mir immer wieder so) – aus irgendeinem Grund war ich bislang die Glocknerstraße immer von Kärnten nach Salzburg unterwegs, andersrum war's diesmal ein völlig anderes Fahrerlebnis, keinesfalls weniger schön.

Ein paar Impressionen der Großglockner Hochalpenstraße:

Heiligenblut am Fuße des Glockners
Heiligenblut am Fuße des Glockners

Von Heiligenblut ging's weiter über Spittal an der Drau und Gmünd, am Maltatal vorbei zu den Nockbergen, wo ich den Weg durch den Leobengraben (rund die Hälfte der ca. 15 Kilometer vom kleinen Ort Leoben an der B99 ist geschottert) zur Nockalmstraße und in weiterer Folge auf die Eisentalhöhe (2.042 m) nahm. Die traditionelle, alljährliche Bauernwurst ließ ich dort oben allerdings aus - zu fortgeschritten war der Tag bereits, zu groß die noch zurückzulegende Strecke, um sie mit unnötigen Pausen zu füllen…

Über den Leobengraben ging's...
Über den Leobengraben ging's...
…auf die Nockalm (Eisentalhöhe)
…auf die Nockalm (Eisentalhöhe)

Was Tiger und mich trotzdem nicht davon abhalten konnte, auch danach im salzburgerischen Poschwald oder bei der anschließenden Fahrt durchs Thomatal immer wieder Schotterwege unter die Stollenräder zu nehmen – war nicht zu verhindern, die Raubkatze bog wie von selbst ab, sobald ein Abzweiger unbefestigt und nicht eindeutig mittels Fahrverbotsschild oder Schranken "versperrt" war. Ein zeitaufwändiges Hobby, wie ich spätestens auf der Fahrt über das Sommerthörl feststellen musste: Wäre ich den ursprünglich angedachten Weg über Mariazell bis nach Hause weiter gefahren, hätte mir mein Navi 22:42 Uhr als Ankunftszeit errechnet. Das musste auch wieder nicht sein, also nahm ich ab Knittelfeld die Schnellstraße sowie in weiterer Folge die Südautobahn und war kurz nach 20 Uhr oder zwölf Stunden (für rund 700 Kilometer) fast durchgehend im Sattel daheim, wo mich schon feinstes Roastbeef als "zweites Frühstück" erwartete.

Fazit: Es hat sich ausgezahlt, mal wieder einen dienstlichen Termin ein wenig auszuweiten, das feine Spätsommer- (bzw. Frühherbst)-wetter veranlasste mich auch dazu, öfter als normal stehen zu bleiben und das ganze mit Fotos bzw. Videos einzufangen. Schließlich war ich an den beiden Tagen durch sieben der neun österreichischen Bundesländer unterwegs (nur Vorarlberg und das Burgenland ließ ich links bzw. rechts liegen). Eine tolle Tour – die mich einmal mehr in meiner Überzeugung bestätigte, dass der Glockner an einem schönen September(wochen)tag keine Vergleiche mit den imposantesten Alpenpässen Frankreichs, Italiens oder der Schweiz zu scheuen braucht. Die gibt's freilich fast alle gratis…