Endurowandern in Slowenien, Friaul & Kärnten

Drei Tage frei, erstmals seit Ende Mai! Was ich damit tun würde, war von Anfang an klar, das Wo ließ ich mir bis zum Abend vor der Abreise offen. Da die Wettervorhersage in alle Richtungen nichts wirklich Gutes verhieß, blieb der erste Gedanke auch die erste Wahl: Zum Schottern nach Slowenien, auf der Rückreise noch den einen oder anderen unbefestigten Weg im Friaul und/oder Kärnten mitnehmen. Gesagt, getan. Die gerade zum Test bereitstehende KTM 690 Enduro R war rasch mit dem Nötigsten gesattelt, Navi nahm ich keines mit – stattdessen wollte ich einfach so drauf los fahren, aus dem Kopf heraus bzw. klassisch mit Karte.

Tag 1 • Viel Schotter in Slowenien

 

Wien - Graz - Lieboch - Stainz - Deutschlandsberg - Radlpass - unbefestigter Weg Richtung Muta - Radlje ob Dravi - Podvelka - Ribnica na Pohorju - Ribniska koca - Pungart/Kope - Slovenj Gradec - Ravne na Korokem - Mezica - Crna na Korokem - Spodnje Seme pri Podolseva - Solcava - Paulitschsattel - Seebergsattel - Kranj - Skofja Loka

 

Strecken-Link: MotoPlaner

(es handelt sich hier nicht um die exakt gefahrene Strecke, ich habe aber versucht, sie so gut wie möglich aus dem Kopf heraus "nachzuplanen")

 

Das erste Stück bis kurz nach Graz ging's auf der Südautobahn, ab Lieboch wurde es dann in der südsteirischen Weingegend fahrerisch interessant. Über den Radlpass ging es schließlich nach Slowenien, wo schon wenige Meter nach der Grenze der Fahrspaß so richtig begann: Als ich in einem Zigaretten-Kiosk blauäugiger Weise nach einer Straßenkarte fragen wollte, stach mir ein geschotterter Weg ins Auge, der unmittelbar nach der Passhöhe rechts in den Wald führt. Der Verkäufer verriet mir, dass er nach etwa 12, 13 Kilometern bei der Tankstelle in Muta endet, also nur unweit westlich von Radlje ob Dravi, wohin einen der relativ unspektakuläre Radlpass auf der slowenischen Seite führt.

Unmittelbar nach dem Radlpass...
Unmittelbar nach dem Radlpass...
...wartet dieser Schotterweg.
...wartet dieser Schotterweg.

Die Strecke ist ein gepflegter, auch mit Straßenmotorrädern oder dicken Reiseenduros einfach zu fahrender Schotterweg, irgendwann aber muss ich bei der Vielzahl an Abbiegemöglichkeiten vom Hauptweg abgekommen sein – die (angenehmen) Folgen örtlicher Unkenntnis bzw. eines fehlenden Navis (wobei ich bezweifle, dass mein Zumo 660 diesen Weg gekannt hätte). Einmal war in einem Hof Schluss, ein andermal bei einem Baggerfahrer, der im Wald die Reste einer kleinen Muhre beseitigte und auf meine Frage hin betont freundlich zu mir meinte, hier ginge es nicht weiter. Der gute Mann hatte da ganz offensichtlich die 690er unterschätzt, aber ich wollte nicht provozieren, zumal dieser Abschnitt als einziger kurz davor mit einem Fahrverbotsschild versehen war, womöglich wegen der Arbeiten.

Als ich kurz darauf, wieder an einem Bauernhof angelangt, erneut umdrehen wollte, deutete mir eine Frau, dass es hier runter ins Tal gehe: Die Wiese, auf die sie mich schickte, zeigte nur vage Andeutungen einer Fahrspur und je weiter ich fuhr, desto froher wurde ich, auf einem derart leichten Gefährt zu sitzen. Ob sie das Fahrzeug fachkundig eingeschätzt hat oder mich auch auf einem dicken Straßenmotorrad hier entlang geschickt hätte, entzieht sich meiner Kenntnis – im zweiten Fall hätte ich sie garantiert schon bald verflucht:


Nach einer etwas steileren Abfahrt musste ich mich gerade mitsamt Katie unter einem Weidezaun-Gummiband durchzwängen, als mich ein Bauer interessiert beobachtete. Ich wollte den mit tiefen Spurrinnen versehenen Weg aber nicht zurück bergauf und rechnete schon mit einer Schimpftirade, wenn ich sein Grundstück betrete – er aber deutete mir nur freundlich die durch seinen Hof führende Richtung an. Sein weniger freundlich bellender Hund hing zum Glück an einer Kette, deren Länge es mir erlaubte, mich aus dem Staub zu machen, ohne durch hektisches Drehen am Gashahn allzuviel von ebendiesem aufzuwirbeln. Herausgekommen bin ich schließlich dennoch in Radlje ob Dravi, ich werde mir die ursprünglich geplante Strecke aber bestimmt noch einmal genauer anschauen. Womöglich vom Einstieg in Muta hinauf zu, um denn auch gleich am richtigen Weg zu sein.

Oben am Ribniska Koca...
Oben am Ribniska Koca...
...von dem es auf diesem Weg weiter ging
...von dem es auf diesem Weg weiter ging

Weiter ging's über Podvelka (dort biegt man rechts auf eine Brücke, um die Drava zu überqueren) nach Ribnica na Pohorju, den Ausgangspunkt fürs nächste fahrerisch wie landschaftliche Highlight des Tages. Von dort führt eine breite, einfach zu fahrende, ab kurz nach der Ortschaft unbefestigte Straße auf den Ribniska koca hinauf. Eine Sackgasse, aber schauen wir mal, dachte ich mir. Oben am Gasthaus, bei dessen Parkplatz der Weg an sich zu Ende ist, kamen zwei Wanderer des Weges, die auf meine Frage, wohin denn dieser führe, ihre detaillierte Wanderkarte vor mir ausbreiteten und mir einen Pfad zum Skigebiet Kope zeigten, der mit der Enduro zu schaffen sein müsste, wie sie meinten.

Es folgte die vielleicht schönste Fahrt der dreitägigen Tour, über Almwiesen und durch Waldstücke. Sämtliche Wanderer, die mir begegneten (und an denen ich stets betont langsam vorbeifuhr) grüßten allesamt auf mein Winken freundlich zurück – ich weiß nicht, ob das in Österreich auch so gewesen wäre, zumal ich mir nicht sicher war, ob man dort auch fahren durfte, auch wenn nirgendwo ein Verbotsschild aufgestellt gewesen ist. Dennoch war's sicher nicht schlecht, unter der Woche unterwegs gewesen zu sein, am Wochenende wäre ich womöglich vor lauter Grüßen kaum zum Fahren gekommen. Nachdem ich die Lifttrasse zu besagtem Skigebiet hinuntergefahren war, legte ich in einer Hütte die erste kurze Rast des Tages ein, um mit Cola meinen Zuckerhaushalt zu festigen, anschließend ging's kurvenreich auf Asphalt runter nach Slovenj Gradec.


Die "Verbindungsetappe" zum nächsten Schotterteilstück über den Spodnje Sleme nach Crna na Koroskem auf kleinen Straßen war nett zu fahren, der gepflegte, etwa 25 Kilometer lange Schotterweg bis Solcava dann durchaus auch wieder etwas für Straßenmotorräder, wenngleich es zwischendurch immer wieder mal auch ein wenig holprig ist. In weiterer Folge führte mich mein Weg für ein kurzes Stück über den wunderbaren Paulitschsattel zurück nach Österreich, um dann aber gleich den kaum weniger kurvenreichen Seebergsattel wieder nach Slowenien zu nehmen – Fahrspaß ohne Ende bis kurz vor Kranj. Ab dort hielt ich dann schon die Augen offen bezüglich eines Quartiers für die Nacht, das ich schließlich nach rund 12 Stunden fast durchgehend im Sattel in Skofja Loka auch fand. Inklusive eines Begrüßungsschnaps', den mir der freundliche Wirt noch im Hof, auf dem die KTM hinter verschlossenem Tor sicher nächtigte, aufdrängte.

 >Hoteltipp<

(die Zimmer waren gepflegt, das Frühstück reichlich, gezahlt habe ich € 41).

Skofja Loka
Skofja Loka

Tag 2 • Über die Grenzkammstraße bis zur Panoramica

 

Skofja Loka - Zelezniki - Tolmin - Rocinj - Kambresko - Idrsko - Zaga - Sedlo Ucja - Sella Carnizza - Resia - Prato - Gemona - Lago di Cavazzo - Tolmezzo - Sutrio - Ravascletto - Panoramica delle Vette - Ravascletto

 

Strecken-Link: MotoPlaner

(es handelt sich hier nicht um die exakt gefahrene Strecke - speziell die Offroad-Abstecher am Weg von Skofja Loka nach Tolmin fehlen zur Gänze, ich habe dennoch versucht, den Rest so gut wie möglich aus dem Kopf heraus "nachzuplanen")

Am nächsten Morgen hingen bedrohlich dunkle Wolken über den Bergen, weshalb ich schon vor dem Losfahren in die Regenkluft schlüpfte, dennoch blieb es bis kurz vor Mittag trocken. Als erstes Etappenziel hatte ich Tolmin auserkoren, von wo es dann über Rocinj auf die Slowenische Grenzkammstraße gehen sollte. Schon der Weg dorthin über kleine Bergstraßen war fahrerisch sehr interessant, zudem würzte ich ihn immer wieder mit kleinen Abstechern auf unbefestigte Seitenwege, mit spannenden Waldpassagen, inklusive der einen oder anderen Furt, die aber meistens doch als Sackgassen in irgendwelchen Höfen endeten. So verbrachte ich einen recht abwechslungsreichen Vormittag, ehe kurz nach Tolmin dann doch leichter Regen einsetzte. Der südliche Einstieg zur Grenzkammstraße, die mit ihrem berühmten Pendant in Ligurien so gut wie nichts gemein hat, sondern recht unspektakulär größtenteils durch den Wald führt und nur teilweise unbefestigt ist, war relativ leicht zu finden, auch wenn ich zwischendurch zur Sicherheit zweimal nachfragte, ob ich auch auf dem richtigen Weg bin.

Slowenische Grenzkammstraße
Slowenische Grenzkammstraße
Kolovrat
Kolovrat

Soca-Tal
Soca-Tal

Für Liebhaber kleiner, geschwungener Straßen ist der Weg auf den Sedlo Solarji, über den man die Grenze nach Italien überschreitet, dennoch zu empfehlen. Ich fuhr aber gleich wieder rechts über den Kolovrat zurück nach Slowenien – ebenfalls eine enge Straße, die zum Teil nicht befestigt ist und bei besserem Wetter garantiert tolle Fernblicke bietet. Über Idrsko im Soca-Tal ging es dann nördliche Richtung bis Zaga, wo man über den Sedlo Ucja bzw. Uccea wieder nach Italien gelangt – eine wirklich fahrenswerte Alternative zum bekannteren Predil-Pass, die trotz des nun stärker werdenden Regens Kurvenspaß aufkommen ließ.


Speziell auch die anschließende Fahrt über die wenig frequentierte Sella Carnizza mit ihrer teilweise einspurigen, rumpeligen Fahrbahn und wüsten Kehren an der Nordwestseite war samt tierischer Begegnungen (siehe Bild links) wirklich jeden Kilometer wert – bei Trockenheit muss dieser auf 1.086 m führende Pass ein Traum sein, auch wenn er fast durchgehend durch den Wald führt und somit kaum Ausblicke bietet. Durchs Resiatal ging es schließlich nach Prato, wo ich bei köstlichen Spagetti Ragu auf ein Nachlassen des Regens wartete.

Tatsächlich wurde die Luft schon bald wieder trocken (im Gegensatz zu den Straßen) und ich machte mich auf den Weg Richtung Lago del Tre Comuni bzw. Cavazzo-See, um an dessen Ufer entlang dann Richtung Panoramica delle Vette zu fahren, dem letzten Ziel des Tages. Über Tolmezzo und Sutrio ging es nach Ravascletto, wo ich – obwohl ich die aussichtsreiche Strecke auf die Malga Chiadinis erst vor zwei Jahren gefahren war – den Einstieg ohne Navi und entsprechend detaillierter Karte nicht gleich fand. Auf Anfrage bei Einheimischen hörte ich, dass sie aktuell gesperrt sei (was mir freilich auch schon mein Freund Reini verraten hatte). Die paar Felsbrocken in Folge eines Hangrutsches auf der Strecke mögen aber Autos abhalten, mit dem Zweirad sollte man freilich doch daran vorbei kommen.

Zu Beginn führt der größtenteils nicht viel mehr als einspurige Weg noch asphaltiert mit vielen engen Kehren durch den Wald den Berg hinauf, oberhalb der Waldgrenze, wo man bei gutem Wetter atemberaubende Ausblicke genießen kann, wurde die Sicht jedoch immer schlechter.


Bei den auf der Strecke liegenden Felsbrocken wäre für Autos definitiv Schluss gewesen, mit dem Motorrad war es aber kein Problem. Nur an einer Stelle, wo nicht viel mehr als 30-40 Zentimeter neben dem steilen Abgrund Platz zum Vorbeifahren gewesen sind, ist man gut beraten, nicht dort hinunter sondern besser auf die zu fahrende Strecke zu schauen…


Auf jeden Fall war die Fahrt über die Panoramica delle Vette auch ohne Panorama ein Höhepunkt dieser dreitägigen Tour. Und das nicht nur, weil sie auf knapp 2.000 Meter hinauf führt, sondern auch weil es von der Stimmung und Einsamkeit dort oben einfach ein nicht alltägliches Erlebnis gewesen ist. Wieder zurück in Ravascletto kam ich zufällig beim Hotel Bellavista vorbei, das mit Fahnen am Balkon auf seine Zugehörgkeit zu den Partnerhotels des Tourenfahrer-Magazins hinwies – also verwarf ich kurzfristig meinen Plan, wieder in der empfehlenswerten Osteria da Alvise in Sutrio abzusteigen. Das Bellavista war gut, speziell die Zimmer hübsch und sauber (für ein Einzelzimmer mit Halbpension zahlte ich € 59), auch das dreigängige Menü wirklich in Ordnung, wenngleich es nicht an das sensationelle Essen der Osteria da Alvise herankam.

"Ausblick" von der Panoramica delle Vette
"Ausblick" von der Panoramica delle Vette

Tag 3 • Kärntner Hausmannskost am Weg nach Hause

 

Ravascletto - Sutrio - Paluzza - Plöckenpass - Kötschach-Mautern - Kirchbach - Hermagor - Arnoldstein - Pörtschach - St. Veit an der Glan - Klippitztörl - Wolfsberg - Prebl - St. Gertraud - Kamp - Weinebene-Sattel - Deutschlandsberg - Unterpremstätten - Graz - Wien

 

Strecken-Link: MotoPlaner

(es handelt sich hier nicht um die exakt gefahrene Strecke, ich habe aber versucht, sie so gut wie möglich aus dem Kopf heraus "nachzuplanen")

Der Blick vom Balkon des Hotels am nächsten Morgen ließ nur erahnen, in welch gebirgiger Gegend ich war – die Gipfel von Monte Zoncolan & Konsorten waren hinter der dichten Wolkendecke nicht zu sehen. Dennoch war's trocken, als ich aufbrach, bei einer derart instabilen Wetterlage ließ ich die ursprünglich geplante Fahrt über die steile, ausgewaschene Südrampe des Passo Polentin zur Straniger Alm aber sein und fuhr stattdessen über den Plöckenpass zurück nach Österreich – Scherzerl: In Wahrheit hatte ich nur die Abzweigung bei Paluzza in Richtung Paularo bzw. Cason di Lanza verpasst und als ich dies bemerkte, war ich schon auf den ersten Kehren des ja auch nicht faden Plöckenpasses. Die erstgenannte Version klingt aber irgendwie vernünftiger…

Plöckenpass
Plöckenpass

In Kärnten nahm ich dann zunächst ein paar kleinere Wegerl mit, ehe mich bei Hermagor so richtig der Regen er- und die Gedanken an Maltatal und Nockalm wegwischte. Ich wollte nur noch nach Villach und übers Bandl heim! Kurz vor der Faschingsmetropole aber hatte der Regen schon wieder aufgehört und ich beschloss, zunächst einmal in Autobahnnähe den Wörthersee entlang zu fahren. Spätestens als ich dann übers Klippitztörl fuhr, blinzelte mir bereits die Sonne in den Helm. Also nahm ich auch die kurvenreiche Gegend samt einiger Schotterwege bei Prebl im Bezirk Wolfsberg unter die Stollenräder, ehe es über den Weinebene-Sattel weiter in die Steiermark ging – übrigens eine absolut fahrenswerte Alternative zum Packsattel oder der Soboth.

Die obendrein nur unweit nach St. Gertraud ein wunderbares Geflecht an (legalen) unbefestigten Wegen durch den Wald bietet. Hierzu biegt man in einer Kurve links von der Passstraße ab und folgt einfach dem Wegweiser Richtung Kamp – schon nach wenigen Metern warten Möglichkeiten an Schotterpassagen, die allesamt auszukosten meine Zeit nicht annähernd reichte. Trotzdem ließ ich es mir nicht nehmen, mich noch eine knappe Stunde dort herumzutreiben.


Danach ging es weiter über den Weinebene-Sattel (1.666 m) nach Deutschlandsberg und bei Unterpremstätten unmittelbar vor Graz wieder auf die Südautobahn, um noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder daheim zu sein. Unterm Strich trotz der paar Regentropfen auf der Cross-Brille eine wirklich gelungene Tour, für die ich mit der KTM 690 Enduro R das nahezu perfekte Motorrad dabei hatte. Nicht, dass ich Strecken gefahren wäre, die mit dem Tiger nicht zu schaffen gewesen wären – mit dem doch deutlich leichteren Gefährt ging manches aber definitiv entspannter von der Gashand. Und Slowenien wird mich, trotz des einen oder anderen wenig Mut machenden Verkehrsschildes, definitiv bald wieder sehen!