Husqvarna Vitpilen 401 • Modelljahr 2020 • KURZTEST

Klein, aber oho!

"Fesches Bike, welche Marke ist das?" Trotz Social Distancing und Fahrpausen nur vorm Supermarkt oder Fleischhauer brachte mich die Husqvarna Vitpilen 401 immer wieder ins Gespräch mit wildfremden Menschen. Das war übrigens schon vor zwei Jahren mit ihrer großen Schwester, der Vitpilen 701, nicht viel anders gewesen…

Dabei sind die Leistungsdaten des kleinen silbernen Nakedbikes mit dem Namen "Weißer Pfeil" alles andere als spektakulär. 44 PS und ein Drehmoment von 37 Nm hat der Einzylinder diesbezüglich anzubieten. Wenig genug, um das Motorrad auch mit einem A2-Führerschein lenken zu dürfen, aber doch ausreichend, um mit dem 151 kg leichten Gefährt flott unterwegs zu sein.

Doch bleiben wir vorerst beim Gesprächsthema mit den Passanten, die sich zum Teil als Besitzer von Reiseenduros, als Rollerfahrer und auch komplette Motorrad-Laien outeten. Es ist das extravagante Äußere der Vitpilen, das zum einen sicher auch polarisiert, zum anderen aber definitiv Aufsehen erregt. Ein Design, reduziert aufs Wesentliche, mit einer klaren Linie, bis ins kleinste Detail harmonisch umgesetzt. "Simple progressiv" nannten das die Marketing-Spezialisten, "leiwand" meine beiden Söhne, 18 und 15 Jahre jung.

Vom Design ist an der Husqvarna also alles recht minimalistisch ausgelegt – von der Ausstattung ganz und gar nicht. So hat die Vitpilen 401 neben Ride by Wire, Anti-Hopping-Kupplung oder adjustierbaren Schalt- und Kupplungshebeln im neuen Modelljahr serienmäßig sogar voll einstellbare Federelemente und einen Quickshifter mit an Bord, beides in dieser Fahrzeugklasse absolut unüblich.

Die in Zug- und Druckstufe einstellbare  43-Millimeter WP-Apex-Gabel sorgt im Zusammenspiel mit dem WP-Apex-Monoshock-Federbein für Transparenz und Stabilität, die sich auch vor weit stärkeren Motorrädern nicht verstecken muss. Und der Quickshifter, der zwar nicht ganz so butterweich arbeitet, wie in der großen 701er-Schwester oder gar der KTM 790 Duke, lässt die Gänge ohne Zutun der Kupplung rauf- und runterflutschen. Was den Fahrspaß speziell im kurvigen Geläuf erhöht. Und genau das ist auch das Metier der Vitpilen, die scheinbar von alleine auch in die engsten Kurven eintaucht, stets spielerisch zu dirigieren ist.

Bevor jemand wegen mangelnder Schutzkleidung aufschreit: Das war natürlich nur  eine Stitzprobe…
Bevor jemand wegen mangelnder Schutzkleidung aufschreit: Das war natürlich nur eine Stitzprobe…

Ein Motorrad, das gleichermaßen für die Landstraße als auch den Großstadtdschungel wie gemacht scheint – wobei es sich im Stadtverkehr noch besser anfühlt als die große Vitpilen 701, deren bärenstarker Einzylinder einfach ständig nach Drehzahl schreit bzw.  losgelassen werden will und dort daher mitunter durchaus stressen mag. Um 40 Millimeter gegen über dem Vorgänger-Modell gewachsen ist der Rahmen, was dem Sozius zu Gute kommt, der nun mehr Platz zur Verfügung hat. Trotz ansprechender Fahrleistungen hält sich der Verbrauch in Grenzen, im Test hat sich die Vitpilen 401 3,8 Liter auf 100 Kilometer genehmigt, mit etwas mehr Zurückhaltung erscheinen in der Praxis +/- 3,5 Liter als absolut realistischer Wert. Womit man in Verbindung mit dem 9,5-Liter-Tank auf Reichweiten von über 250 Kilometer kommen sollte – ein guter Wert für ein kleines Nakedbike.

Nichts zu meckern gibt es über die Bremsen von ByBre (by Brembo), die sich ins stimmige Gesamtbild einfügen und mit einer 320-Millimeter-Scheibe vorne bzw. einer 230-Millimeter-Scheibe hinten gleichermaßen kontrollierbare wie vertrauenserweckende Performance bieten. Womit die Vitpilen neben Besitzern eines A2-Führerscheins durchaus auch erfahrene Piloten (nicht nur aber vor allem als Zweitbike) ansprechen sollte, die in der Stadt die Wendigkeit genauso schätzen werden, wie auf der Landstraße das gute Fahrwerk.

6.199 Euro sind in Österreich für das Motorrad zu berappen, als Gegenwert erhält man einen Spaßmacher mit hoher Qualitätsanmutung. Wobei einem schon klar sein muss, dass sich der Komfort auf der Vitpilen 401, deren Sitzhöhe mit 835 Millimeter Höhe durchaus "erwachsen" ausfällt, in Grenzen hält. Nach einem langen Tag im Sattel schmerzten die Handgelenke doch ordentlich, was der sportlichen Sitzposition durch die kurzen Lenkerstummel im Cafe-Racer-Design geschuldet ist. Zwar versicherte mir Michi Brandner von Husqvarna Wien, dass dies durch eine modifizierte obere Gabelbrücke gegenüber dem Vorjahresmodell humaner wurde, meine mitgenommenen Ärmel hatten davon aber wenig. Wobei es da ja auch noch eine Svartpilen 401 gibt, deren aufrechte Sitzposition durch den breiter- bzw. höheren Lenker mir alten Knacker, das weiß ich aus dem Vergleich der beiden 701er-Modelle, doch um einiges mehr zusagt.

Ich glaube, die werde ich mir 2020 auch noch einmal für einen Kurztest holen…



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