Honda CB500X • Modelljahr 2019

Afrika vor der Haustür

Größere Federwege, 19-Zoll-Vorderrad, höherer Windschild, schmälere Sitzbank, modifizierte Verkleidung: Die CB500X von Honda bekam für 2019 eine Frischzellenkur verpasst, die weit über die übliche Modellpflege hinausgeht, sondern vielmehr eine ernst zu nehmende, kompakte Reiseenduro aus ihr macht. Schon optisch haben ihr die Veränderungen gut getan, wenn sie so als "kleine Africa Twin" vor dir steht. Grund genug, mir gleich zu Saisonbeginn eine für 10 Tage zu schnappen, um herauszufinden, wie sich das ganze im Sattel der kleinen Honda anfühlt.

Auch der Motor der CB500-Familie wurde überarbeitet und verfügt jetzt im mittleren Drehzahlbereich über vier Prozent mehr Drehmoment, die Maximalwerte von Leistung (48 PS) und Drehmoment (43 Newtonmeter) blieben aber gegenüber den Vorgänger-Modellen unverändert. Doch was gut ist, muss auch nicht verbessert werden. Also anstarten und losfahren! Der Zweizylinder kann nicht nur mit einem "erwachsenen" Klang aufwarten, er hängt auch satt am Gas und fühlt sich mit seiner von unten heraus durchgängigen Leistungsentfaltung subjektiv durchaus stärker an, als er ist. Die hierzulande höchst zulässige Autobahngeschwindigkeit von 130 km/h ist jedenfalls flott erreicht, erst darüber hinaus tut sich der Murl schwer, bis zur Höchstgeschwindigkeit von angeblich rund 170 km/h braucht es dann schon ein wenig Geduld. Aber Heizer-Motorrad ist die CB500X sowieso keines, dafür mit ihren 48 PS auch für A2-Führerscheinbesitzer geeignet und nicht zuletzt durch die sinnvollen Modifikationen ein Motorrad für all jene, die einen universell einsetzbaren Begleiter suchen.

Am wohlsten fühlt sich die Honda auf kurvigen Landstraßen, wo sie trotz des größeren Vorderrades nichts von ihrer Agilität verloren hat, sich spielerisch durch jegliche  Richtungswechsel aller nur denkbarer Radien zirkeln lässt. Aber auch die schon erwähnte Autobahnfahrt ist keine Qual, sorgen doch Windschild und Verkleidungsteile für einen guten Wind- bzw. Wetterschutz. Und mit schlechten Fahrbahnen wird wiederum das Fahrwerk mit den nun größeren Federwegen (vorne 135, hinten 150 Millimeter) fertig. Sowohl die 41-Millimeter-Teleskop-Gabel als auch das Federbein sind in ihrer Vorspannung verstellbar, was für den Einsatz mit Gepäck oder Sozia hilfreich ist und nehmen, im Zusammenspiel mit dem 19-Zoll-Vorderrad, auch Feldwegen oder Schotterpassagen ihren Schrecken. Natürlich macht das aus der CB500X kein kompromissloses Offroad-Gefährt. Dazu ist das Fahrwerk dann doch wieder nicht bereit, neigt es bei forscher Gangart über grobschottrig- holprige bzw. stufige Passagen zum Durchschlagen. Auch ist die Honda mit ihren fast 200 kg vollgetankt gemessen an der Leistung kein Leichtgewicht, für den entspannten Ausflug auf unbefestigte Wege aber allemal bereit und im Fall des Falles dann doch um einiges leichter aufzuheben als die meisten anderen Reiseenduros.

Die Sitzbank ist bequem, die Sitzhöhe mit 830 Millimeter für eine Reiseenduro moderat, der Kniewinkel mit meinen 1,75 Metern angenehm. Auch die Position beim stehend fahren ist in Ordnung. Um sie für längere Offroad-Touren perfekt zu machen, würde ich womöglich mit einer Lenker-Erhöhung experimentieren, breitere Fußrasten wären definitiv Pflicht.

 

"Der Platz ist natürlich etwas knapp bemessen, das gleicht in meinen Augen aber ein recht bequemer Sitz ganz gut aus, der Kniewinkel war für mich auch auf längeren Strecken nicht unangenehm. Selbst auf Feldwegen bzw. moderaten Schotterpassagen bekommt man die Fahrbahn-Zustände nicht gleich eins zu eins auf den Hintern. Weshalb die Honda von mir drei Wölfe spendiert bekommt, wobei mir natürlich klar ist, dass bei Beifahrern, die mehr Platz benötigen, die Bewertung schlechter ausfallen wird..."


Der niedrige Auspuff kann nicht verheimlichen, dass die CB500 ursprünglich nicht als Reiseenduro konzipiert wurde – Wasserdurchfahrten, die über das kleine Bacherl am Waldesrand hinausgehen, sind damit eher nicht zu empfehlen. Dies zu ändern, könnte ich mir als das nächste sinnvolle bzw. konsequente Update vorstellen, schon allein der Optik wegen. Wobei es punkto Optik für mich ansonsten gar nichts zu bekritteln gibt, die Honda vielmehr ein richtig hübsches Motorrad ist, das noch dazu rundum wertig verarbeitet anmutet. Das Negativ-LCD-Display liefert alle relevanten Infos wie Geschwindigkeit, Drehzahl, Ganganzeige, Spritverbrauch oder zwei Trip-Zähler, ist aber bei direkter Sonneneinstrahlung nicht immer einfach abzulesen. Fahrmodi hat das Motorrad keine – braucht es auch nicht. Lediglich die Möglichkeit, das ABS am Hinterrad zu deaktivieren, würde Offroad Sinn machen. Also, Honda: Auch das bitte ins Lastenheft für das nächst Modell-Update schreiben…

Die Bremsen von Nissin funktionieren Honda-typisch gewohnt gut – vorne ist eine 310-, hinten eine 240-Millimeter-Scheibe verbaut – lassen sich einwandfrei dosieren, sind auch Offroad nicht zu giftig und trotzdem für die Leistung des Motorrads auf der Straße selbst bei forscher Gangart absolut ausreichend. Das (wie erwähnt nicht wegschaltbare) ABS greift dann ein, wenn es soll. Auch die Serienbereifung ist mit dem Trailmax Mixtour von Dunlop treffend gewählt: Auf der Straße bietet der Gummi ausreichend Grip, lenkt recht präzise ein und bleibt auch auf (trockenem) Schotter spurtreu bzw. liefert dort die nötige Traktion – lediglich wenn's gatschig wird, ist er naturgemäß recht bald an seinen Grenzen. Ausgezeichnet ist übrigens auch die Schräglagenfreiheit der CB500X, nur selten kratzten an den zehn Tagen die Stiefel am Asphalt.

Genehmigt hat sich die Honda im Test einen Durchschnittsverbrauch von 3,8 Liter auf 100 Kilometer, was im Verein mit dem 17,7-Liter-Tank Reichweiten von rund 450 Kilometer ergibt – ein sehr guter Wert für eine Reiseenduro. Wobei ich mir bei zurückhaltender Fahrweise bzw. im "Reisemodus" durchaus vorstellen kann, dass auch 500+ Kilometer pro Tankfüllung erreichbar sind. Praktisch bzw. reisefreundlich ist auch die Querstrebe über den Amaturen, an der ein Navi befestigt werden kann. Weniger praktisch ist dagegen die Tatsache, dass zum Verstellen des Windschildes Werkzeug benötigt wird – ein Manko, welches sich die CB500X aber mit weit teureren Reiseenduros teilt.

+ Die Vielseitigkeit macht die Honda zum Begleiter für alle Tage

+ Das Handling ist spielerisch, auf und abseits der Straße

+ Der geringe Verbrauch lässt Reichweiten von 450+ Kilometer zu

– Das Windschild kann lediglich mit Werkzeug verstellt werden

– Der Seitenständer ist hinter der Fußraste "versteckt" schwer zugänglich

– Das Gewicht ist im Verhältnis zur Leistung doch recht hoch 



Fazit:

Für wen ist nun die Honda CB500X die richtige Wahl? Auf alle Fälle für Besitzer eines A2-Führerscheins, die ein Reisemotorrad suchen, das sowohl Möglichkeiten zur Gepäcksunterbringung bietet, als auch auf unterschiedlichsten Straßen gut(mütig) fahrbar ist. Aber sie ist nicht nur eine Einsteiger-Reiseenduro, sondern vielmehr auch für "alte Hasen" ein gelungenes Alltags-Motorrad: Für die Fahrt durch den Stadtverkehr zur Arbeit genauso geeignet, wie für die flotte Runde auf kurvigen Straßen, den Abstecher ins Gemüse bwz. eben durchaus auch die große Reise.

All jene, vornehmlich Solo-Fahrer, die auf Leistung im Überfluss verzichten können, aber ein agiles, handliches, nicht zu schweres Motorrad mit ordentlichen Federwegen und einer aufrechten Sitzposition suchen, finden in der Honda einen zuverlässigen Partner zu einem fairen Preis von in Österreich 7.190,00 Euro, das auch beim Verbrauch und in der Erhaltung günstig ist. Und das, zwischen der neuen 300er-Reiseenduro-Klasse und z.B. einer Suzuki V-Strom 650 positioniert, absolut seine Berechtigung hat bzw. seine Fans finden wird. Die umfangreiche Frischzellenkur hat der CB500X jedenfalls richtig gut getan! Und auch wenn für die meisten Afrika damit vor der Haustüre liegen wird, könnte ich mir die Honda sogar als Fernreisegerät für die Fahrt bis in die Mongolei oder darüber hinaus vorstellen.

© 04/2019