Balkan & Korfu

18 Tage • 8 Länder • 4000 Kilometer

Die Eselskutsche auf der Autobahn, die alte Frau mit dem Kopftuch, die ihre Gänse durch die Stadt nach Hause trieb, aber auch die Insassen eines Kleinbusses, die mitten im Naturparadies des Llogara-Passes einfach ihren Müll in die Landschaft warfen, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt – Bilder, die ich zwar nicht mit dem Fotoapparat gemacht habe, die sich aber dennoch auf meiner Festplatte im Hirn einbrannten: Albanien, das einzige der acht Länder dieser Reise, in dem ich davor noch nie gewesen war, hinterließ den bleibendsten Eindruck in mir. Das Land der Skipetaren, wo aus einer Hauptstraße schon mal unangekündigt plötzlich eine Schotterpiste wird, an der anderen Hand sich aber auch ein auf der Karte dünn skizzierter Weg als gut ausgebaute Straße entpuppt, wo zigtausende Einmann-Bunker in der Landschaft verstreut an den kalten Krieg erinnern und in vielen Bereichen scheinbar die Zeit stehen geblieben ist. Gemeinsam mit meinem Freund Tom sind wir los, um auf der Anreise nach Korfu allein am Motorrad auch die eine oder andere Offroad-Strecke unter die Stollenräder zu nehmen - was aufgrund des Wetters leider nicht alles nach Plan umgesetzt werden konnte. Es folgte eine tolle Woche mit den Frauen auf Korfu und die getrennte Heimreise, da Tom noch bei einem Harley-Treffen in der Nähe von Rom mit Freunden verabredet war. Doch alles der Reihe nach:

Tag 1 • Waschlnass

quer durch Ungarn

 

Streckenlänge: Ca. 630 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Wien - Budepast - Szeged - Novi Sad - Belgrad

 

Zum Auftakt wollten wir erst einmal ordentlich Strecke machen bzw. uns ohnehin gut bekannte Gegenden rasch hinter uns lassen. Was nach kleineren Startschwierigkeiten - Tom hatte beim Treffpunkt nebst Führerschein auch darauf „vergessen“, dass Motorräder die Unart haben, vorm Losfahren mit Sprit befüllt werden zu wollen - recht gut gelang. Nachdem diese Kleinigkeiten korrigiert worden waren, ging es (fast) pünktlich los, von Wien bis Belgrad praktisch nur am Bandl (AB). Irgendwie zum verrückt werden, dass die Wetterfrösche immer nur dann nicht irren, wenn sie Sauwetter prophezeien, worauf man sich speziell in diesem verlängerten Winter 2013 auch Ende Mai verlassen konnte: Kurz vor der ungarischen Grenze erwischte uns der Regen, der schon vom Wegfahren an bedrohlich in dunklen Wolken über unsere Helmen darauf gewartet hatte, endlich loszulegen. Rund 350 Kilometer lang schüttete es teilweise wie aus Schaffeln, erst bei Szeged wurde es trocken und in Serbien blinzelte dann sogar die Sonne aus ihrem Versteck.

Strohfeuer. Nicht so bei dem Auto, das direkt vor unserer Nase ausbrannte. In Belgrad hatten wir gerade erst das Zimmer bezogen, als auch hier der Himmel erneut seine Schleusen öffnete, weshalb Pläne einer kleinen Stadtbesichtigung rasch wieder ad acta gelegt wurden. Das Hotel hatten wir übrigens schon von daheim aus gebucht, um uns in der Großstadt die Herbergssuche zu ersparen - ein feines Haus, in dem wir in unseren Biker-Klamotten und nassen Stiefeln freilich nicht wirklich willkommen erschienen. Wem argwöhnisch-unfreundliche Blicke als Indiz dafür nicht ausreichen, dem sei hier noch erzählt, dass uns auf die Frage nach einem guten Restaurant, wo wir zu Abend essen könnten, der McDonalds ums Eck empfohlen wurde...

...wir fanden dennoch besseres, um den Abend bei lokalen Spezialitäten ausklingen zu lassen.

Zwischenstopp irgendwo in Serbien
Zwischenstopp irgendwo in Serbien

Tag 2 • Kurvenreich durch Serbien

 

Belgrad - Arandelovac - Gornji Milanovac - Pozega - Uzice - Nova Varos - Mojkovac - Kolasin

 

Streckenlänge: ca. 410 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner


Ausgeruht und bei strahlendem Sonnenschein machten wir uns gleich nach dem Frühstück daran, die ersten fahrenswerten Strecken der Reise anzugehen: Autobahn war Schnee von gestern, Kolasin in den Bergen Montenegros unser Tagesziel. Wobei schon das hügelige Hinterland südlich von Belgrad feinste Straßen und Sträßchen zum Kurvenschwingen bot. Und hilfsbereite Einheimische. So sprach uns "Bato" an, als wir in Arandelovac an einer Tankstelle kurz in die Karte blickten, und ließ es sich nicht nehmen, ein Stück mit seinem Auto vorauszufahren, damit wir die richtige Abzweigung nicht verpassen, wenig später geleitete uns dann ein junger Serbe ein Stück durch die Hügellandschaft bei Tresnjevica - seine Wheelie-Versuche waren zwar ebenso verbesserungswürdig wie die engagierte Supermoto-Technik in den Kurven, dafür war sein Tschetnik-Gruß, mit dem er Gott und die Welt begrüßte, perfekt einstudiert. Der nette Bursche kannte praktisch alle und jeden und war bei seinen Freunden mit den beiden dicken Reiseenduros aus Österreich im Schlepptau kurz der Local Hero - klar hat er uns so ziemlich durchs ganze Dorf geführt...

"Bato", der uns auch gleich Unterkünfte bei Freunden in Serbien und Montenegro anbot
"Bato", der uns auch gleich Unterkünfte bei Freunden in Serbien und Montenegro anbot
Unser nächster "Lotse" in Serbien: Schnappschuss bei Tempo 50...
Unser nächster "Lotse" in Serbien: Schnappschuss bei Tempo 50...

Blick aus dem Hotelfenster in Kolasin
Blick aus dem Hotelfenster in Kolasin

Am Zlatar-Stausee trafen wir eine Gruppe tschechischer Motorradfahrer, die ebenfalls mit Reiseenduros Richtung Albanien unterwegs waren, je höher es ins Gebirge ging, desto schlechter wurde jedoch wieder das Wetter. Und kurz vor Montenegro fing es dann wieder so richtig zu regnen an. Woran sich bis Kolasin nur immer kurzfristig etwas ändern sollte, vom Reiz des Skiortes mit angeblich "Schweizer Flair" bekamen wir beim vorherrschenden Sauwetter nur wenig mit. Dafür fand sich eine nette Unterkunft, wo wir die Bikes auch in der Garage unterstellen konnten.

Montenegro bei Regen
Montenegro bei Regen

Tag 3 • Von der geplanten

Route "vertrieben"…

 

Kolasin - Podgorica - Koplik - Boge - Shkoder - Lezhe - Lac - Fushe-Kruje - Vore - Durres

 

Streckenlänge: ca. 320 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Wer dachte, das Wetter könne nicht mehr schlechter werden, irrte. Schon der Blick am Morgen aus dem Fenster machte uns die Entscheidung pro Regen-Outfit nicht schwer, viel bekamen wir bei teils sintflutartigen Regengüssen von der eindrucksvollen Tara-Schlucht nicht zu sehen, nur selten gewährte der Himmel Einblicke auf den längsten Fluß Montenegros, der von atemberaubenden Felswänden gesäumt wird. Foto-Stopps machten also wenig Sinn und wurden auch dementsprechend selten eingelegt.

Der Weg bis zur Haupstadt Podgorica war so gesehen recht anstrengend, weil das doch recht rutschige Terrain vollste Aufmerksamkeit forderte, kurz vor der Grenze nach Albanien wurde das Wetter dann aber ein wenig besser (zumindest hörte es auf zu regnen) und bekräftigte uns in unserem Vorhaben, den geplanten Abstecher nach Theth zumindest einmal in Angriff zu nehmen. Theth? Ein Bergdorf, in den albanischen Alpen gelegen, das in den letzten Jahren immer mehr zum Ziel von (Abenteuer)-Urlaubern und Ausflüglern wurde. Dass es nicht einfach zu erreichen ist, erhöht dabei den Reiz für viele, ob sie nun mit dem Motorrad, dem Mountainbike, dem Allrad-Fahrzeug, per Pedes oder dem klapprigen Kleinbus (!), der täglich von Koplik rauffährt, unterwegs sind. Schließlich bekommt man nicht nur den "Blutrache-Turm" oder "Turm zum Einschließen", in dem über 400 Jahre lang die Rechtssprechung im Shala-Tal abgehalten wurde, zu sehen, sondern obendrein eine der aufregendsten Offroad-Strecken des Balkans unter die Räder. Wenn man denn etwas sieht bzw. das Wetter passt.

 Bereits im Vorfeld hatte ich nämlich von zwei Bekannten gehört, dass sie eine Woche vor uns abbrechen mussten: Andi aus dem Bezirk Baden, der allein mit seiner Super Teneree 1200 die schwierigere Südanfahrt gewählt hatte (die wollten wir dann talwärts von Theth nach Shkoder unter die Stollenräder nehmen), gab w.o., nachdem er die Yamaha zweimal umschmeißen musste, um sie wieder aus dem vom Hang rutschenden Schlamm zu bekommen, die "La Moto X-Pdischn Gruppe" von Gerhard drehte – so wie wir von Koplik kommend – bereits auf halbem Weg wieder um. Beides hatte ich für mich behalten, da das Wetter bei uns ja auch wieder besser sein hätte können, ich keine Panik schüren und mir zumindest selbst ein Bild vor Ort machen wollte. War es doch schließlich gerade diese Tour, auf die ich mich besonders gefreut hatte. Nun, die dunkle Wolkenwand, auf die wir schnurgerade zufuhren, verhieß nichts Gutes, genausowenig wie die Tatsache, dass es die Hirten scheinbar recht eilig damit hatten, ihre Schafe und Rinder in sichere Gefilde zu treiben. Und als dann wenige Kilometer nach Beginn der Offroadstrecke (von Koplik weg ist die schmale Straße recht gut asphaltiert) ein heftiges Gewitter über unseren Helmen niederging, benötigte der vernünftige Part unserer kleinen Reisegruppe nur wenige Minuten, um auch mich davon zu überzeugen, dass es besser wäre, jetzt nicht mehr weiter zu fahren.

Ich werde aber wieder kommen...


Der schon beim Frühstück angedachte "Plan B" wurde also schlagend, und der sah vor, auch die für die nächsten Tage beabsichtigten Bergstrecken bis runter nach Gjirokastra bleiben zu lassen und stattdessen gleich den eigentlich erst für die Rückfahrt geplanten Weg zur Küste zu suchen. In Durres fanden wir nicht nur ein wirklich gutes Quartier für die Nacht direkt am Meer, sondern sogar ein Lokal, in dem Gösser vom Fass in die dazu gehörenden Gläser eingeschenkt wurde!

Tag 4 • Der Sonne entgegen!

 

Durres - Fier - Vlore - Dhermi - Sarande

 

Streckenlänge: ca. 250 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Offenbar damit wir nicht übermütig werden, regnete es natürlich auch bei der Abfahrt von Durres (leicht), was der Fahrt über den Llogara-Pass doch einiges von ihrem Reiz nahm. Die Strecke erinnerte mich an der Nordseite aufgrund ihres schlechten Fahrbahnzustandes an den Prislop-Pass in Rumänien, was sich nach Erreichen der Passhöhe allerdings schlagartig änderte. Denn da zog uns die atemberaubende Aussicht auf die Küste im Verein mit der sich nun plötzlich doch durchsetzenden Sonne in ihren Bann. Gut gelaunt nahmen wir dann auch gleich ein paar Offroad-Passagen, die entlang unserer Route nicht schwer zu finden waren, in Angriff - eine schweißtreibende Angelegenheit! Nicht nur, weil wir noch fürs schlechte Wetter adjustiert gewesen sind, sondern auch weil der durch den vielen Regen tiefe Untergrund des teils groben Schotters Mensch und (schwer beladener) Maschine einiges abverlangte…


Der (durchgehend asphaltierte) Rest der Tagesstrecke bis zum Badeort Sarande war danach ideal zum Entspannen, der praktisch ständige Blick auf die Küste schürte die Vorfreude auf die bevorstehende Woche in Griechenland - endlich hatten wir den Sommer erreicht! Bei solchen Aussichten schmeckte der Espresso beim letzten Zwischenstopp gleich besonders gut, das von einem befreundeten Tigerfahrer empfohlene Quartier (danke Ewi!) war auch schwer in Ordnung und bot uns bereits erste Blicke auf Korfu. Allerdings täuschte die Nähe: Zwar legt von Sarande täglich eine Fähre zur "grünen Insel" Griechenlands ab, mit Ausnahme der Sommermonate Juli/August jedoch ausschließlich für den Personenverkehr - mit unseren Motorrädern mussten wir weiter nach Igoumenitsa.

Blick von der Hotelterasse in Sarande...
Blick von der Hotelterasse in Sarande...
...und vom Zimmer im Morgengrauen auf das bereits zum Greifen nahe Korfu.
...und vom Zimmer im Morgengrauen auf das bereits zum Greifen nahe Korfu.

Tag 5 • Reif für die Insel

 

Sarande - Butrint - Igoumenitsa - Korfu - Moraitika

 

Streckenlänge: ca. 100 Kilometer bis Igoumentsa

 

Durch den "Abstecher" über die Küste waren wir zwar einen Tag früher als geplant in Sarande angekommen, da wir aber weiter nach Griechenland mussten, um auf Korfu übersetzen zu können, kam uns dieser Umstand nicht ungelegen. Also machten wir uns schon recht Früh auf den Weg über Butrint nach Igoumenitsa. Die Ausgrabungen aus der Römerzeit ließen wir zwar unbesichtigt, die Holzfähre über die Butrint-Lagune hatte aber ebenso durchaus etwas "Antikes". Einziger kleiner Zwischenfall einer Fahrt bei strahlendem Sonnenschein: Durch die Schotter- bzw. Rumpelpisten scheuerte sich der Gurt meines Benzinkanisters durch und wäre Tom nicht hinter mir gefahren, hätte ich das Ding samt ihres 95oktanigen Inhalts unterwegs verloren - soviel zum "made for Adventure", wie es der deutsche Herstelller verspricht. In Igoumenitsa angekommen, mussten wir keine halbe Stunde auf die nächste Fähre nach Korfu warten, die uns in 1:40 Stunden auf die Insel brachte. Mit etwas "Überredungskunst" bekamen wir dort dann auch im von daheim aus gebuchten, angeblich vollen Hotel ein Zimmer für die eine Nacht, bis unsere Sozias, die die Anreise per Flugzeug gewählt hatten, eintrafen.

Fähren gibt es solche...
Fähren gibt es solche...
...und solche.
...und solche.

Tag 6 bis 12 • Relaxen auf Korfu

 

Die Woche auf Korfu stand dann ganz unter dem Motto "Urlaubsfreuden", wir ließen uns definitiv nichts von all dem abgehen, was einen Aufenthalt in Griechenland so besonders macht. Und auch die "Arbeitsteilung" passte nahezu perfekt: Während Toms Adventure darauf spezialisiert schien, die besten, noch so versteckten Lokale ausfindig zu machen, stöberte mein Tiger zielsicher die einsamsten und entlegensten Strände auf - könnte natürlich auch an den Prioritäten der jeweiligen Fahrer bzw. Sozias gelegen haben.

Auf den ersten Blick hätte man der "grünen Insel", die einst schon Kaiserin Sissi als Feriendomizil schätzte, gar nicht angesehen, wieviele kleine und enge Bergsträßchen sie bietet, ab und an sogar mit einer wirklich waghalsigen Streckenführung. Auch die eine oder andere Schotterpassage, manche direkt am Wasser, machten wir ausfindig, insgesamt stand aber Relaxen im Vordergrund. Sowie natürlich Tarama, Tsatsiki, Bifteki, Stifado, Mousaka, Kalamares, Sardinen, Drachenköpfe, Lobster, Baklavas, Mhytos, Fix, Ouzo, Retsina und wie unsere Freunde bzw. Gaumenfreuden dort unten noch alle heißen...

Nachstehend eine kleine Bilder-Galerie bzw. ein kurzer Film von Korfu:

Tag 13 • Zurück ins

Land der Skipetaren

 

Moriatika - Korfu Stadt - Igoumenitsa - Sarande - Vlore - Fier - Kucove - Cerrik - Fortuzaj - Durres

 

Streckenlänge: ca. 450 km

Strecken-Link: MotoPlaner

(Igoumenitsa - Durres)

Am achten Tage hieß es Abschied nehmen. Von Sonja und Tom, die noch länger blieben, sowie von Korfu. Dass das Fährticket nach Igoumenitsa für zwei Personen plus Tiger günstiger war, als davor jenes für Fahrer und Motorrad alleine, begründete der Mann am Schalter damit, dass er mir als Transalp-Fahrer und begeisterter Endurist einen "Special Price" machte, könnte aber freilich genauso auch daran gelegen haben, dass man uns auf der Hinfahrt einen "Touristenaufschlag" verrechnet hatte. Was soll's - der Unterschied blieb im Bereich zweier Espressi, die wir uns ohnehin gönnten, um die Wartezeit vor dem Ablegen zu verkürzen. An Bord der Fähre lernten wir drei deutsche Motorradreisende kennen, die eine ähnliche Route wie wir absolvierten und tauschten Streckentipps sowie Erfahrungen der Hinreise aus. Danke an dieser Stelle an Arno (im Bild links oben), dessen "Klosterroute" tags darauf eines der Highlights unserer gesamten Tour werden sollte.

Höhepunkt des längsten Fahrtages durch das Land der Skipetaren war jedoch wieder der Weg über den Llogara-Pass, auf dessen Scheitelpunkt wir uns zur famosen Aussicht eine zünftige Brettljause gönnten – mit Käse und Oliven aus Griechenland sowie frischem, albanischen Brot.

Danach schlug das Wetter jedoch wieder um, zogen binnen Minuten dicke, bedrohlich wirkende Wolken auf. Die uns auch verfolgten, als wir nach Vlore die Küste verließen und es Richtung Elbasan wieder gebirgiger und kurvenreicher wurde, wir uns – auch, um eine andere Strecke als beim Hinweg zu fahren – südlich an Tirana vorbei nach Durres durchkämpften, ohne dabei nass geworden zu sein. Dort genossen wir einen feinen Abend mit Meerblick, selbstredend wieder bei unserem Gösser-Wirten, der nebenbei zum Sonnenuntergang hervorragenden Fisch kredenzte.


Ein erster Blick auf Kotor vom Lovcen-Pass
Ein erster Blick auf Kotor vom Lovcen-Pass

Tag 14 • Atemberaubende

Ausblicke in Montenegro

 

Durres - Vore - Fushe-Kruje - Lezhe - Shkoder - Sukobin - Ostros - Virpazar - Cetinje - Lovcen - Kotor

 

Streckenlänge: ca. 275 km

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Bei Nieselregen ging es am nächsten Morgen weiter in Richtung Norden, ein paar kleine "Irrfahrten" inklusive kamen wir recht zügig voran, auch das Wetter wurde rasch besser. Kurz vor Shkoder ging es links weg, um den Shkoder- bzw. Skutari-See, wie der größte See der Balkanhalbinsel in Montenegro genannt wird, am anderen Ufer als bei der Hinreise zu umfahren.

Typisches Verkehrsbild in Albanien
Typisches Verkehrsbild in Albanien
Albanisch-montenegrinische Grenzkuh
Albanisch-montenegrinische Grenzkuh

 Arno hatte uns ja tags davor mit dem Tipp dieser "Klosterrunde" am See entlang versorgt – nun, wir fanden zwar keine Klöster, dafür aber eine wunderbare, meist einspurige Strecke mit fantastischen Ausblicken, einer "wilden" Felslandschaft und teils schwindelerregenden Kehren (zumindest für Sozia ;-) ), obwohl sich das ganze auf nicht mehr als drei- bis vierhundert Metern Seehöhe abspielte. Wobei die Fotos hier, wie Mel berechtigter Weise einwarf, das in keinster Weise widerspiegeln - sie wurden ja auch in einer Fahrpause gemacht.


Die meiste Zeit über hatten wir die wunderbar zu fahrende Straße für uns allein, bei Gegenverkehr war meist höchstens Schritttempo möglich, einmal zwängte sich sogar ein Reisebus an uns bzw. dem ungesicherten Abgrund vorbei - ich hätte wirklich gerne gesehen, was da zwei sich begegnenden Buschauffeuren eingefallen wäre...

Da Skutari-See und gleichnamiger Nationalpark, der vor allem ein Paradies für Pelikane und andere Wasservögel darstellt, beliebte Ausflugsziele sind, warteten im malerisch an einem Zufluss gelegenen Virpazar auch zahlreiche Lokale für den Mittagstisch auf uns.

Gestärkt ging es nicht minder kurvenreich weiter bis Cetinje, Ausgangspunkt der Strecke über den Lovcen, die wahrscheinlich spektakulärste Pass-Straße Montenegros. Leider hatte es zwischenzeitlich wieder zu regnen begonnen, weshalb wir auch darauf verzichteten, die 461 Stufen zum auf 1.657 m gelegenen Mausoleum von Petar II Petrović–Njegoš hinauf zu steigen – die Aussicht soll zwar unbeschreiblich sein, wie Nebelschwaden bzw. dicke Wolkendecken von oben aussehen, wussten wir jedoch ohnehin. Nichts desto trotz eröffnete die Abfahrt nach Kotor mit ihren unzähligen Kehren immer wieder atemberaubende Ausblicke auf die riesige Bucht, die zu Seefahrerzeiten einer der strategisch beutendsten Punkte der Adria gewesen ist. An klaren Tagen muss die Aussicht gigantisch sein. Als wir dann in Kotor bei einer Stopptafel hielten, sprach uns ein Mann darauf an, dass er Zimmer vermiete, und wir folgten ihm. Die kleine, saubere Unterkunft hielt Sozias Begutachtung stand, die abendliche Jause am Balkon mit Blick auf die Bucht, in der Frühmorgens ein Kreuzfahrtschiff vor unserem Fenster einlief, war ein gelungener Abschluss eines wunderbaren Fahrtages mit unzähligen Eindrücken.


Tag 15 • Raubritter in Dubrovnik

 

Kotor - Herceg Novi - Dubrovnik - Opuzen - Ploce - Gradac

 

Streckenlänge: ca. 210 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Von Kotor ging es dann bei hochsommerlichen Temperaturen die Küste entlang nordwärts – die Jadranska Magistrala. Es ist schon etwas Besonderes, wenn einen über hunderte Kilometer fast ständig die Aussicht auf Küste, Meer oder nahe gelegene Inseln begleitet und obendrein die Streckenführung nie Langeweile aufkommen lässt. Erster "Pflicht"-Zwischenstopp war Dubrovnik, die Perle der kroatischen Adria. Der historische Stadtkern hat in seiner Geschichte schon einiges erlebt. Griechen hatten hier das Sagen, die Römer, Venezianer, Normannen, Ungarn, sogar mit den Piraten von Omis schloss man den Geschichtsbüchern nach einen Pakt, später auch mit Österreich, im 15. und 16. Jahrhundert hatte Dubrovnik mit 200 Schiffen die drittgrößte Seeflotte der Weltmeere. Aktuell wird die Altstadt von modernem Raubrittertum beherrscht, nahm man uns doch in einem Straßencafe der Touristenfalle sage und schreibe 20 Euro für zwei kleine Milchshakes weg...

...Essen wollten wir dann doch lieber woanders gehen.


Außerdem war uns wieder mal nach einem Badenachmittag, wozu wir im ehemaligen Fischerdorf Gradac, mittlerweile auch längst ein beliebter Touristenort, die passende Bleibe und auch gleich wunderbare Strände fanden. Samt einem ausgiebigen Abendessen, das nur auf den ersten Blick sauteuer erschien: In einer Wechselstube wurden unsere Euros nämlich irrtümlich als bosnische Konvertible Mark umgerechnet, was uns erst auffiel, als wir im Restaurant nach unseren Berechnungen über 50 Euro bezahlt hätten. Die Art, wie uns die Dame am Schalter am Morgen darauf scheinbar erleichtert begrüßte und den Fehler sofort korrigierte, ließ uns ihre Version glauben, dass es ein Irrtum war, den sie auch selbst bald bemerkte, aber ja nicht wusste, wo sie uns hätte finden können.

Gradac direkt an der Magistrala
Gradac direkt an der Magistrala
Abendessen - fast schon kitschig...
Abendessen - fast schon kitschig...
"Kindersicherung" auf kroatisch...
"Kindersicherung" auf kroatisch...
...genauso wie der Ausklang am Strand
...genauso wie der Ausklang am Strand

Tag 16 • Weiter auf der Magistrala

 

Gradac - Makarska - Split - Trogir - Sibenik - Vodice - Pakostane

 

Streckenlänge: ca. 225 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Das kleine, Skorpion-artige Haustier in der Dusche, konnte Mel zwar komischerweise nicht wirklich lieb gewinnen (irgendwie habe ich ihren Aufschrei immer noch im Ohr), das kühle Quartier mit dicken Steinmauern in Pakostane hätte aber dennoch zum länger verweilen eingeladen. Sogar der Tiger hatte dort sein schattiges Platzerl unter einem Baum im Garten. Nach nur knapp 230 Tageskilometern auf der Magistrala, in Split war es uns zur Mittagszeit nach einer kleinen Runde am Bike doch zu heiß für eine Besichtigung der Altstadt, hatten wir wieder schon am frühen Nachmittag einen netten Badeort gefunden, der zumindest in der Vorsaison noch nicht von Touristen überlaufen war.


Tag 17 • Auf Winnetous Spuren

 

Pakostane - Benkovac - Plitwitzer Seenplatte - Slunj - Karlovac - Jastrebarsko - Brezice - Slovenska Bistrica - Maribor

 

Streckenlänge: ca. 400 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner

Wir hätten noch tagelang die Magistrala auf- und abfahren können, ohne dass es uns langweilig geworden wäre. Dennoch verließen wir die Küste gleich bei Pakostane, um am Heimweg einen Abstecher zur Plitvicer Seenplatte zu unternehmen. Schon als Kind hatte mich dieser Platz in seinen Bann gezogen, als ich mit meinen Eltern erstmals dort gewesen bin - weniger wegen der Wasserfälle und dem kristallklaren Wasser, das täglich hunderte Besucher in den Nationalpark lockt, sondern weil dort "Der Schatz im Silbersee" gedreht wurde und ich mich wie Winnetou fühlte. Schon die Anfahrt dorthin bot einiges, von wilden Gebirszügen (Bild oben) über Überschwemmungsgebiete (darunter) bis zu den kühlen Wäldern rund um die Plitvicer Seen. Für die man sich übrigens schon ein paar Stunden Zeit nehmen sollte, allein schon, um das Eintrittsgeld zu rechtfertigen.


Nach einem feinen Grillhenderl bei der Touristen-Ausspeisung im größten Nationalpark Kroatiens, bekam noch der Tiger den Inhalt des Ersatzkanisters in den Tank gefüllt und es ging weiter via Karlovac und an Zagreb vorbei nach Slowenien, wo wir noch den einen oder anderen Hügel bis Maribor mitnahmen. Dort verrieten beim abendlichen Spaziergang durch die am Ufer der Drau gelegene Innenstadt schon die Speisekarten (Krainer-Würsteln) die Nähe zur Steiermark sowie der unwegrückbaren Tatsache, dass der Urlaub nun allmählich wirklich dem Ende zuging.

Tag 18 • "Irrfahrt" nach Hause

 

Maribor - südsteirische Weinstraße - 

 

Streckenlänge: ca 320 Kilometer

Strecken-Link: MotoPlaner

 

Okay, ich geb's zu. Was mir weder in den entlegensten Winkeln Albaniens oder Montenegros passierte (zumindest hätte ich es dort nie bemerkt), schaffte ich auf den letzten, eigentlich vertrauten Kilometern vor der Haustür: mich zu verfahren. Der Beginn über die südsteirische Weinstraße (kleines Bild oben) verlief ja noch nach Plan, irgendwann aber fand ich mich plötzlich auf der Teichalm wieder, obwohl wir ja eigentlich am Pogusch Mittagsstopp machen wollten - das kommt davon, weil ich es besser zu wissen vermeinte als mein Navi, das mich schon wiederholt zum Abbiegen bzw. auch zur Umkehr aufgefordert hatte - aber sag das einmal einem, der gerade dem Kurvenrausch verfallen ist. Mel verzieh mir den verpassten Gaumenschmaus in einem der besten Wirtshäuser Österreichs und wir speisten stattdessen zünftig irgendwo im steirischen Joglland. Danach ging's auf vertrauten Wegen heim, das letzte Stück auf der Autobahn. Und in Wien angekommen bekam ich es, nachdem wir zur Feier der Wiederkehr gleich einmal unseren Lieblings-Eissalon angesteuert hatten, quasi amtlich, (Motorrad)-verrückt zu sein: Auf meine Frage, was wir mit dem angebrochenen Nachmittag noch machen und ob Sozia noch eine kleine Duke-Runde in die Kalte Kuchl mit mir drehen wolle, zeigte sie mir nur den Vogel. Gut, dann fuhr ich eben allein mit der KTM zweimal übers Leithagebirge - aber das ist eine andere Geschichte...

Fazit

 

Es war wieder einmal eine tolle Motorradreise durch Länder, wo eigentlich jedes einzelne für sich locker zwei, drei Wochen vertragen bzw. verdienen würde. Vor allem Griechenland, Albanien, Montenegro oder Kroatien –Slowenien bzw. die Julischen Alpen dort stehen ja ohnehin regelmäßig auf meinem Tourplan. Die Leute, denen wir begegneten, waren durchwegs freundlich und hilfsbereit und bestätigten einmal mehr die Weisheit, dass es immer so zurück schallt, wie man in den Wald hinein ruft. Und noch etwas, was sich vielleicht der eine oder andere Zimmervermieter hierzulande hinter die Ohren schreiben könnte: Selbst in den entlegensten Quartieren Albaniens oder Montenegros war WLAN praktisch immer Standard und gratis (einzig im noblen Hotel auf Korfu musste man dafür extra zahlen). Eine Reise wird aber immer nur so gut, wie deren Teilnehmer es zulassen: In diesem Sinne auch ein Danke an Sonja, Tom und vor allem Mel - gerne wieder mit Euch!