Was ist das Wichtigste für eine gelungene Enduro-Wandertour? Gute Strecken, klar – aber zumindest ebenso auch ein funktionierendes Team, wo es auf und abseits der Piste passt, wo einer dem anderen hilft und nicht persönliche Befindlichkeiten in den Vordergrund gestellt werden. Und genau das hatten wir auf unserer Reise durch Albaniens Berge! Dass Klaus und ich unterwegs zusammengespielt sind, wussten wir aus etlichen gemeinsamen Touren, dass aber auch Karim auf Anhieb derart reinpasst, wie die berühmte Faust aufs Aug, war so nicht unbedingt vorherzusehen. Normalerweise treibt der Bursche ja eine dicke Goldwind über den Asphalt, dass die Funken in den Kurven nur so sprühen, aber auch auf dem erst eine Woche vor der Tour extra angeschafften Gatschhupfer (eine Honda CRF 250 L die auf reisetauglichere 305 Kubik plus Zusatztank aufgemotzt wurde) bewegte er sich bald, als ob er nie etwas anderes gefahren wäre: Respekt! Auch für Klaus war es die Jungferntour mit seiner KTM 690 Enduro und so waren wir drei Schotterhungrige auf drei Zylindern – mehr als einen pro Mann und Nase braucht es nicht, um abseits befestigter Wege Spaß zu haben…
Die Anreise gestalteten wir individuell: Karim, der mit dem längsten Weg, war bereits zwei Tage vor mir in Richtung Bari gestartet, von wo aus er auf Igoumenitsa übersetzte; Klaus, der mit dem meisten Urlaub (aber eben erst von einer gemeinsamen Motorradreise mit seiner Frau Gerelee heimgekommen), musste noch einen Tag länger arbeiten, weshalb er die Autobahn direkt bis Triest nahm; und ich, der den ganzen Albanienplan ausgeheckt hatte, wollte die Reise vom ersten Kilometer an auskosten und gab mir zwei Tage Zeit bis zum Treffpunkt mit Klaus. Da war kein Meter am Bandl dabei…
…aber jede Menge fahrenswerter Strecken in Österreich und im Friaul.
Wien - Kalte Kuchl - Ochsattel - Kernhof - Mürzsteg - Niederalpl - St. Katharein - Bruck/M. - Knittelfeld - Sommertörl - Mörderbrugg - Neumarkt - St. Veit a.d.Glan - Treffen
Streckenlänge: ca. 425 km
Strecken-Link: MotoPlaner (ungefähr)
Na super, dachte ich mir. Da brennt die Sonne eine Woche lang wie verrückt vom Himmel und am ersten Urlaubstag brodeln sich über ganz Österreich dunkle Gewitterwolken zusammen. Schon in der Früh war mir klar, dass es eines kleinen Wunders bedürfen würde, trocken an meinem Tagesziel in Treffen am Ossiachersee anzukommen, dementsprechend wenig war auch auf den beliebten Motorradstecken im Nahbereich Wiens los. Beim Kaffee in der Kalten Kuchl war ich überhaupt der einzige Mopedtreiber, was mir zwar in den Monaten mit „r“ immer wieder mal passiert, Ende August aber schon eine ganz bemerkenswerte Tatsache ist. Über Ochssattel, Niederalpl und steirischen Seebergsattel unterzog ich die frisch aufgezogenen Pirelli MT21 Rallycross immer wieder einer anständigen Grip-Probe auf Asphalt, die die Reifen zur vollsten Zufriedenheit des Reiters bestanden. Am unbefestigten Sommertörl überzeugte ich mich dann erstmals auf einem längeren Schotterabschnitt von seinen Qualitäten auf losem Untergrund. Übrigens direkt zu auf die dunkle Gewitterfront, die mich mitten auf besagter Strecke dann natürlich auch voll erwischte. Gestaubt hat’s jedenfalls nicht mehr und der Leberkässemmerlstopp war höchst an der Zeit.
Die geplante Fahrt über die Nockalmstraße hab ich dann aus wohl nachvollziehbaren Gründen bleiben lassen – bei Sichtweiten unter 50 Metern und auf nasser Fahrbahn hält sich der Genuss dort in Grenzen. Dafür machte ich unterwegs eine nette Bekanntschaft. Als ich in Neumarkt in der Steiermark erneut einen kurzen Gewitter-Guss bei einem Kaffee aussitzen wollte, gesellte sich plötzlich Udo zu mir: Der LKW- und GS-Fahrer, der – wie er mir verriet – eifrig meine Videos im Netz sieht, hatte meine CCM vor der Tankstelle erkannt und es sich nicht nehmen lassen, mich einzuladen. Danke dafür, Revanche folgt irgendwann bei einer gemeinsamen Ausfahrt, versprochen! Anschließend ging's trocken und unspektakulär weiter bis zum Kuchler Wirt (Friedls Garage), wo wenige Minuten nach meinem Eintreffen ein weltungergangswürdiges Donnerwetter samt Murenabgänge in der unmittelbaren Umgebung losging. Die Souvlaki auf der überdachten Terrasse haben dennoch vortrefflich gemundet.
Treffen - Villach - Arndoldstein - Tarvis - Pontebba - Pietratagliata - Malga Poccet - Magla Di San Leopoldo - Dogna - Resiutta - Interneppo - Monte Festa - Udine - Triest
Streckenlänge: ca. 260 km
Strecken-Link: MotoPlaner (ungefähr)
Am nächsten Morgen zeigte sich der Himmel zunächst zwar noch etwas wolkenverhangen, kurz nachdem ich über die Grenze nach Italien fuhr, war aber schon klar, dass ich bei Kaiserwetter unterwegs sein werde. Da passten auch die ausgewählten Strecken wunderbar dazu, schließlich hatte ich doch einen ganzen Tag für die am direkten Weg nicht einmal 200 Kilometer nach Triest. Also ging es zunächst geschottert über die Malga Poccet und die Malga Di San Leopoldo, wo einem immer wieder tolle Bergpanoramen den Mund offen stehen ließen, ehe ich mir einen Teller Spagetti Ragu in denselbigen stopfte…
Der Höhepunkt des Tages sollte aber noch folgen – und zwar die Fahrt hinauf auf den Monte Festa bzw. zum Gipfelfort desselben. Der geschotterte Weg, der zum Ende hin einspurig und auch recht grob wird, war die perfekte Einstimmung aufs Endurowandern in Albanien, zwischendurch taten sich auch immer wieder wunderbare Fernblicke auf den malerischen Lago di Cavazzo auf. Oben angelangt, wollte ich eigentlich über den Dächern der ehemaligen Befestigungsanlage die Drohne steigen lassen, doch Wolfs Eagle machte nicht wie ich wollte und legte mehrere Fehlstarts hin, so dass ich ohne die sicher spektakulären Aufnahmen wieder talwärts fahren musste…
Der Vollständigkeit halber möchte ich hier erwähnen, dass der Weg zum Fort einem Fahrverbot unterliegt (und ich mir nicht sicher bin, ob das frei nach italienischem Bräuchen lediglich den Haftungsausschluss betrifft), weshalb Nachfahren punkto Erwischt werden selbstredend auf eigene Gefahr stattfindet und theoretisch teuer werden könnte.
Die Bundesstraße von Udine nach Triest zog sich dann zwar dahin wie ein Strudelteig, als ich am frühen Abend dann aber endlich das Meer sah (und roch), war alles paletti. Noch bevor auch Klaus ankam, hatte ich im Hafen schon recherchiert, dass das ursprüngliche Versprechen, schon um 20 Uhr auf der Fähre nach Igoumenitsa borden zu können (die Abfahrt war für 4 Uhr Morgens geplant), nicht realistisch ist – "ab 23 Uhr kann man an Bord“, wurde mir mitgeteilt. Zeit genug, uns noch ein feines Abendessen im ehemaligen Seehafen der Habsburgermonarchie zu gönnen.
Fährfahrt Triest - Ancona - Igoumenitsa
Doch auch 23 Uhr entpuppte sich nur als frommer Wunsch. Die Fähre, die eigentlich um 4 ablegen sollte, lief erst kurz vor 6 Uhr morgens in Triest ein, weshalb wir die Nacht am Parkplatz verbrachten, zum Teil auf Asphalt neben unseren Motorrädern schlafend, meist aber Benzingespräche führend oder (vergeblich) nach dem "vermissten" Schiff Ausschau haltend. Was noch erschwerend hinzukam: Es gab kein Bier auf Hawaii bzw. im Fährhafen, was das Warten noch um einiges beschwerlicher machte. Um halb 8 waren wir dann endlich an Bord und mit vier Stunden Verspätung ging es dann los. Zwei davon wurden am Weg bis Griechenland wieder aufgeholt, und Bier gab's auch…
Als wir die Fähre verließen, wartete bereits Karim nur wenige hundert Meter vom Hafen entfernt auf uns und nach einer kurzen Kaffeepause ging es auch schon los in Richtung Albanien. Die Küstenstraße dort ist immer wieder nett zu fahren, den Abstecher zur Holzfähre über die Lagune bei Butrint ließen wir diesmal genauso aus, wie den pulsierenden Badeort Sarande – schließlich stand Schotter am Plan. Auf dem Weg nach Gjirokaster machten wir beim "Blue Eye" (Syri i Kaltër) Zwischenstopp, der wasserreichsten Quelle Albaniens, um eine Kleinigkeit zu essen und uns gegenseitig zu "beschnuppern". Karim bestand in allen Belangen, der Schmäh lief von der ersten Sekunde an – und die ihm zunächst wiederholt "angedrohte" Gefahr, dass wir einfach links abbiegen, wenn er den rechten Weg nehmen sollte, schwand von Minute zu Minute…
Nach Gjirokaster hatte ich den Jungs zum Aufwärmen für die nächsten Tage eine Schotterstrecke von rund 60 Kilometern Länge versprochen, doch wie an vielen Orten in Albanien sind sie auch dort gerade fleißig am Straßen bauen, weshalb wir zunächst auf wunderbar frischem Asphalt unsere Kurven zogen, ehe der Weg dann doch in eine Piste überging – vielleicht noch 30, 40 Kilometer, was uns für den ersten Tag dann aber auch reichen sollte. Da war von (fast) allem etwas dabei: Grober Schotter, Felspassagen, steile Auf- und Abfahrten, Flussdurchquerungen. Und über allem hingen dunkle Gewitterwolken, auf die wir unbeirrt zusteuerten und die nichts Gutes verhießen. Als Karim und ich einmal vor einer Flussdurchfahrt kurz anhielten um den besten Weg durchs Wasser zu besprechen, fuhr Klaus – durch hunderte ähnliche Situationen in der Mongolei geeicht – gelassen einfach durch. Ich folgte ihm, wobei es in solchen Fällen immer besser ist, abzuwarten bis der andere drüben ist und einzeln zu fahren. Denn als Klaus zwischendurch mal kurz anhielt, offenbar um die Landschaft zu genießen, stoppte auch ich anstatt an ihm vorbeizufahren und musste dann aufgrund des glitschigen Bodens mein Moped zur Seite legen. Zum Glück war der Fluss nicht tief und zumindest den anderen hat's bestimmt Spaß gemacht…
Als wenig später zunächst Regen einsetzte, uns das Navi über eine Brücke lotsen wollte, die noch gar nicht fertiggestellt war und dann auch noch der KTM von Klaus der Sprit ausging, wurde uns langsam klar, dass es ein Wettlauf mit der Zeit werden sollte, noch vor Einbruch der Dunkelheit eine Ortschaft zu erreichen. Das Problem mit dem Benzin lösten wir, in dem wir Karims Honda auf eine Böschung fuhren, umdrehten und die wertvolle Flüssigkeit in eine Wasserflasche füllten – wobei mir die verantwortungsvolle Aufgabe zukam, eben diese zu halten. Jenes mit der fehlenden Brücke sind wir danach angegangen. Wohlwissend, dass bald hinter Fluss und Hügel unser Tagesziel Polican warten sollte, ein Umweg uns aber mit ziemlicher Sicherheit ins Nirwana der albanischen Berge bzw. ins Dunkle führen würde. Zum Glück machten uns freundliche albanische Bauarbeiter, den Weg durch den zunächst noch reißenden Fluss mit ihrem Bagger fahrbar…
…wie überhaupt die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Albaner speziell auf dem Land immer wieder überwältigend ist. So hupfte in Polican ein junger Bursche einfach bei Karim hinten aufs Motorrad rauf, um uns den schwer erklärbaren Weg zu einer Unterkunft zu zeigen. Genächtigt haben wir in einer netten Pension (Villa Lisi) und wir waren froh, doch noch so ein feines Quartier gefunden zu haben – auch wenn das Dreibettzimmer einen Touch von Jugendherberge hatte.
Nach einem ausgiebigem Frühstück, bei dem sich vor allem Klaus und Karim näher kamen (siehe Bild oben), ging es dann weiter auf den Tomori. Die Anfahrt von Polican war richtig schön, gewürzt mit tollen Ausblicken. Wobei wir die Gedenkstätte am Gipfel nur aus der Entfernung sahen bzw. uns für eine der nächsten Reisen aufhoben. Weil ich womöglich darauf vergaß, die Zündung auszuschalten, während wir kurz nach dem Einstieg zur Stichstraße endlich einmal die Drohne steigen ließen (worauf wir beim Fahren eigentlich immer vergaßen), war die Batterie der CCM plötzlich leer. Auch Anlaufen verweigerte sie, weshalb Improvisieren angesagt war. Karim, der aus der Entfernung ein paar Häuser ausgemacht hatte, fuhr los, um ein Starterkabel zu besorgen, das mitgebrachte Stück Antennen-Kabel wurde von Klaus binnen weniger Minuten fachmännisch in ein solches zweckentfremdet.
Als die an diesem Tag zickige Britin so in Trab gebracht wieder ihren Dienst versah, brachten wir das Kabel zurück, schließlich schien das Problem erledigt – den von den freundlichen Albanern angebotenen Raki verweigerten wir, wohlwissend was da noch an Strecken auf uns warten würde. Was wir zu dem Zeitpunkt nicht wussten: Der Motor der CCM lief zwar, die Batterie wurde aber nicht geladen – irgendetwas mit dem Regler schien da nicht zu funktionieren, auch Klaus wusste keine rechte Erklärung, doch mehr dazu später. Zum Glück kamen wir noch durch ein kleines Dorf, in dem Klaus nicht nur eines seine Website-Pickerl im örtlichen Café loswerden konnte, sondern wir auch wieder ein Stromkabel fanden, das an diesem Tag noch zum wichtig(st)en Begleiter werden sollte. Der junge Mann, der es uns besorgte, warnte noch vor dem Weg nach Elbasan. Die Unwetter der letzten Tage hätten die Piste zumindest für Autos völlig unpassierbar gemacht, mit unseren Enduros sollte es aber zu schaffen sein. Der beste Weg wäre jener durch das Flussbett des Tomorrica, da wären es auch nur noch rund 30 Kilometer bis Gramsh...
Im Fluss war es uns dann aber doch zu tief und schlammig, weshalb wir nach kurzer Zeit wieder umdrehten und uns für die "Straße" entschieden – es wäre wohl g'hupft wie g'hatscht gewesen, wie wir in Österreich zu sagen pflegen. Denn auch die Alternativroute hielt, was uns der nette Bursche versprochen hatte, Schlamm- und Felspassagen wechselten einander in regelmäßig unregelmäßigen Abständen ab, so dass der Fahrspaß wirklich nie zu kurz kam.
"Gewürzt" wurde das ganze noch mit den Batterie-Problemen, die mir doch recht klar veranschaulichten, wieviel beim Endurofahren im Kopf passiert: Wohlwissend, dass jedes mal wenn mir das Motorrad abstirbt Starthilfe benötigt werden würde, machte ich mir innerlich offenbar derart Stress, um nur ja den anderen keinen Stress zu machen – und so "gelang" mir an diesem Nachmittag bestimmt vier, fünfmal, was sonst die ganze Reise über kein Thema gewesen war. Selbstredend, dass dies nicht auf flachen Feldwegpassagen passierte, sondern immer nur dann wenn es besonders steil und/oder gatschig gewesen ist. Doch wir behielten allesamt unseren Humor, Karim entwickelte schon eine bemerkenswerte Routine darin, auch im unwegsamsten Gelände sein Motorrad seitenverkehrt zum meinigen zu parken und das Kabel ließen wir einfach unter der Sitzbank herausstehen, um nicht jedesmal selbige samt Gepäck abladen zu müssen…
Zu den fahrerischen Herausforderungen für Mensch und Maschine gesellte sich irgendwann dann auch der Faktor Zeit, zumal bereits die Dämmerung einsetzte und wir nicht wussten, ob wir noch bei Tageslicht befestigten Boden bzw. eine Ortschaft erreichen würden. Beides musste mit einem Nein beantwortet werden, aber es war zumindest so, dass wir schon Lichter im Tal sahen, als wir die letzten paar Kilometer Piste im Finsteren hinter uns brachten. Und dort erfuhren wir dann in einer kleinen Kneipe, dass wir nach etwa 40 Kilometern auf Asphalt zu einer Stadt mit Unterkünften kämen. Die Straße war neu und schön zu fahren, nur einmal musste Karim unmittelbar vor mir abrupt den Lenker verreißen, als er fast eine riesige Schildkröte überfahren hätte – das Beste aber: Die Batterie der CCM war nachher wieder voll, wie sich am nächsten Morgen herausstellen sollte…
Zu schon recht später Stunde in Gramsh angekommen konnte es wieder einmal ein hilfsbereiter Albaner nicht lassen, uns auf unsere Frage nach einem Quartier gleich mit dem Auto zum netten Hotel Te Sadiku zu lotsen – dort schlugen wir uns erst einmal so richtig die Bäuche voll, bevor wir uns daran machten, Pläne für den nächsten Tag zu schmieden.
Nach den anstrengenden Tagen zum Auftakt wollten wir es diesmal ruhiger angehen und beschlossen demokratisch, anstatt der von mir ursprünglich geplanten Offroad-Tour über Burrel Richtung Durres lediglich auf Asphalt zum Ohridsee zu fahren, wo Klaus ein nettes Hotel kennt, in dem er wenige Wochen davor mit Gerelee am Weg nach Griechenland abgestiegen war. Karim ist vor der Abfahrt schon "in Stellung" gegangen, um mir mit seiner Honda wie fast schon gewohnt Starthilfe zu geben, umso überraschter waren wir dann, als die CCM plötzlich auf den ersten Drucker da war. Wirkliche Erklärung dafür hatten wir keine, fürs erste war das Problem aber einmal gelöst.
Die Fahrt auf guten Straßen war fein, wobei Klaus sich immer mehr mit den Qualitäten seiner 690 Enduro anfreundete und es zwischendurch richtig laufen ließ, so dass unsere an PS schwächeren Motorräder mitunter ganz schön auf Drehzahl gehalten werden wollten, um an seinem Hinterrad zu bleiben. Den Ohridsee erreichten wir am frühen Nachmittag und das Quartier war perfekt zum Relaxen bzw. um die Batterien wieder aufzuladen. Jene in der CCM ließen wir unangetastet, da sie ja wieder voll war – auch wenn es wenig befriedigend ist, den Grund für den zwischenzeitlichen Schwächeanfall nicht zu wissen. Ausklingen ließen wir den Abend mit wunderbaren lokalen Fischspezialitäten.
Ausgeruht ging es schon früh am Morgen los und an den Fischverkäufern am Ufer des Ohridsees vorbei. Die kurz angedachte Idee, in die für den Tag davor geplante Strecke einzusteigen, wurde verworfen und wir machten uns erneut auf Asphalt auf den Weg in Richtung Theth, um einen Tag vor dem ursprünglichen Plan das "wichtigste" Ziel unserer Reise zu erreichen. Schließlich hatten Klaus und ich aus 2014 noch eine offene Rechnung stehen. Im Nachhinein war es – wie eigentlich immer auf dieser Tour – die absolut richtige Entscheidung, sind wir doch so die Südroute ins albanische Bergdorf Theth bei herrlichstem Wetter und trockener Piste gefahren, was sich ja schon einen Tag später schlagartig geändert hätte.
Die Anfahrt hatte von allem etwas dabei – Feiertagsverkehr durchs Zentrum von Elbasan und in Tirana, aber genauso wunderbar kurvige Bergstraßen, die auch ohne Stollenreifen und mit Straßenmotorrädern richtig Spaß gemacht hätten.
Am frühen Nachmittag erreichten wir dann die Strecke nach Theth, die mittlerweile längst kein Geheimtipp unter Motorradfahrern mehr ist. Fahrerisch waren eigentlich die ersten beiden Offroad-Tage anspruchsvoller, was die Anfahrt von Shkoder kommend aber so speziell macht, ist ihre Länge bzw., dass sie sich wirklich zieht wie ein Strudelteig, man immer und immer wieder über holprig-, felsigen Untergrund fährt und nur wenig Verschnauf- bzw. Konzentrationspausen einlegen kann. Die beiden ungarischen Biker-Kollegen (offenbar Vater und Sohn), die ersten, die wir abseits befestigter Wege getroffen haben, waren jedenfalls schon ziemlich erschöpft und nicht sehr erfreut, als sie erfuhren, dass es doch noch etliche Kilometer bis zum nächsten Dorf ging.
Uns hat die Fahrt jedenfalls Riesenspaß gemacht, wir kosteten jede einzelne Kehre, jeden Anstieg so richtig aus – und waren überrascht, als wir auf der "Raststätte" (wo man auf eine recht eigenwillige Methode der Altmetallsammlung setzt, wie untenstehendes Bild zeigt) zur Erfrischung Apfelsaft der österreichischen Marke Rauch bekamen…
Ein mir immer wieder ganz wichtiger Aspekt am Reisen sind auch diese unbezahlbaren Begegnungen mit Menschen unterschiedlichster Herkunft. Wie jene mit dem sympathischen Hirten – eine stolze, in sich zufrieden wirkende, gepflegte Erscheinung – der mit seinen Schafen unseren Weg kreuzte und von Karim ein paar Kekse bekam. Oder dem Wanderer aus Frankreich, der zu Fuß durch Albanien unterwegs war und auf Schusters Rappen auch schon den Großteil jene Länder bereist hatte, durch die Klaus auf seinem Weg in die Mongolei mit der Transalp gekommen war.
Als wir dann schließlich zu jener Stelle kamen, an der es mich vor zwei Jahren mit dem meinem Tiger in Folge eines Reifenplatzers ordentlich zerlegt hatte, zündete Karim eine jener Kerzen an, die er zwei Tage zuvor einem Händler am Weg zum Tomorri eigentlich nur aus Höflichkeit abgekauft hatte – das kleine Dorf in unmittelbarer Nähe, wo wir damals warteten und auch diesmal eine kurze Trinkpause einlegten, werde ich nie vergessen. Und in Theth kam es dann schließlich zum Wiedersehen mit Jimmy, der uns damals geholfen hatte, die weidwunde Raubkatze wieder runter nach Koplik zu bringen und mit dem der Kontakt seither nie abgerissen war. Die Freude war dementsprechend und wir feierten im Gästehaus von Jimmys Bruder bis zu später Stunde bei reichlich gutem Essen, Bier und selbstgebranntem Raki .
Nach frühmorgendlichem Drohnenflug und einem ausgiebigem Frühstück hieß es freilich schon wieder Abschied nehmen von Bergführer Jimmy, seiner lustigen Gruppe österreichischer Bergsteiger und einem netten holländischen Biker-Paar, die mit ihren GSen auf Straßenreifen über die einfachere Nordroute nach Theth gekommen waren. Für den weiblichen Part war es die allererste Begegnung überhaupt mit Schotter gewesen, weshalb sie Jimmys Bruder baten, ihr Motorrad mit dem Transporter zurück zur Passhöhe zu bringen, während der Ehemann seine 800er selbst hinauf steuerte. Auch wir machten uns bald danach auf besagten Weg und wollten dann weiter über Vermosh nach Montenegro.
Die Strecke nach Vermosh kannten Klaus und ich noch von 2014 (Video) als tolle Offroad-Piste, doch schon damals waren die ersten Kilometer an der Südrampe frisch asphaltiert. Wir staunten nicht schlecht, mit welch rasantem Fortschritt die Albaner in diesem unwegsamen Gelände den Straßenbau in der Zwischenzeit vorangetrieben haben. Also war zunächst Kurvenschwingen auf perfekter Straße angesagt, ehe es an unzähligen Baustellen vorbei und auf bereits breiter gemachten Pisten Richtung Montenegro ging. Wir waren keine zwei Kilometer von der Grenze entfernt, als ein von einer Sprengung herabgefallener riesiger Fels den Weg versperrte – vorbeikommen war selbst mit unseren Enduros nicht drinnen. Dennoch hatten wir den nur ein paar Kilometer davor entgegenkommenden und freundlich grüßenden BMW-Fahrer zu Unrecht "verdächtigt", dass er uns ohne Warnung in eine Sackgasse geschickt hätte – wie mir Norbert später übers Gästebuch ausrichtete, ist er noch von den Bauarbeitern vorbeigewunken worden, ehe wenig später wohl für längere Zeit "Ende Gelände" gewesen ist…
Und da wir keine Ahnung hatten, wie lange die Bauarbeiter noch benötigten, diesen Felsbrocken zu beseitigen, ginge es eben die gut 70 Kilometer wieder zurück, um am Grenzübergang Hani i Hotit kurz vor Podgorica nach Montenegro überzusetzen. Unmittelbar an der Grenze begann es zu regnen und wenig später waren wir alle froh, dass wir uns sofort die Regenkluft überzogen – folgten doch sintflutartige Regenfälle die nur wenige Kilometer weiter in Shkoder sogar zum Abbruch des Fußball-WM-Qualispiels zwischen Albanien und Mazedonien führten. Wir sahen es in der mit Fans der Albaner prallgefüllten Hotelbar und ließen uns dazu Steaks und Bier schmecken…
Durch den "Umweg" am Vortag war auch der Plan über Kolasin am Rückweg die Schotterpisten im und um den Durmitor Nationalpark mitzunehmen ad acta gelegt worden – Karim zog es vor, gleich auf direktem Wege die lange Strecke bis Freiburg anzugehen, auch Klaus musste einen Tag früher als geplant zu Hause sein, da er einen wichtigen Termin reinbekam. Einen Tag wollte er mich aber noch die Küste entlang bis Kroatien begleiten, speziell in Montenegro und Bosnien waren wieder wunderbar kurvige Abschnitte dabei, wenn auch alle auf Asphalt. Von Karim hieß es schon am späten Vormittag Abschied nehmen, wir genossen noch einmal das ganz spezielle Flair der Jadranksa Magistrale und fanden schließlich am Abend ein nettes Quartier in Marina nördlich von Split, wo wir uns noch einmal direkt am Wasser die Bäuche vollschlugen.
Marina - Perkovic - Drnis - Knin - Bruvno - Plitvicka Jezera - Mjesto Primislje - Generalski Stol - Pribanjci - Crnomelj - Smuka - Laibach - Slivna - Vidrga
Streckenlänge: ca. 500 km
Strecken-Link: MotoPlaner (ungefähr)
Im Abschiedsnehmen waren wir ja inzwischen geübt – also bog Klaus nach der Ortsausfahrt von Marina einfach links ab, um den kürzesten Weg bzw. die Autobahn in die Heimat zu nehmen, während ich mich am rechten Weg auf kleinen und kleinsten Straßen noch einmal in Richtung Velebit aufmachte. Die Wolken am Himmel verhießen zwar von Beginn an nichts Gutes, es blieb jedoch vorerst trocken. Orkanartige Windböen – die Bora machten ihrem Ruf alle Ehre – die mich fast vom Motorrad geblasen hätten, gestalteten neben der vielen Kurven die Fahrt freilich immer wieder abwechslungsreich, dazu gesellten sich mit der Zeit leichter Regen und stellenweise dichter Nebel dazu. Als ich bei den Plitvitzer Seen vorbeikam und kaum noch die Hand vorm Visier sehen konnte, überlegte ich kurz, wieder einmal in der schemenhaft vor mir auftauchenden Pension Winnetou zu nächtigen, da es aber gerade einmal Mittagszeit gewesen ist, wischte ich den Gedanken rasch wieder weg bzw. mit der Hand übers Visier. Was eine gute Entscheidung gewesen ist, wurde das Wetter doch schlagartig besser und es letztendlich doch noch ein richtig feiner Fahrtag.
In Slowenien bekam ich dann schon wieder Appetit auf Schotter und verließ des öfteren die ursprünglich am Navi eingegebene Route in Richtung Laibach, um auch der britischen Waldprinzessin bzw. den Pirellis ihren Spaß zu gönnen. Da ich in Laibach dann bei gleich drei Hotels "abgeblitzt" bin, habe ich die Stadt am frühen Abend wieder verlassen, obwohl der Magen schon ziemlich knurrte und fand dann schließlich noch vor Einbruch der Dunkelheit bei Vidrga nach ziemlich genau 500 Tageskilometern eine nette Unterkunft mit einfachen, aber sauberen Zimmern und angeschlossenem Wirtshaus.
Vidrga - Izlake - Vransko - Mozirje - Dravograd - Lavamünd - Soboth - Eibiswald - St. Johann im Saggautal - Tralla - Feldbach - Fürstenfeld - Buchschachen - Scheiblingkirchen - Seebenstein - Baden - Gumpoldskirchen - Mödling - Wien
Streckenlänge: ca. 450 km
Strecken-Link: MotoPlaner
Am letzten Tag fuhr ich schon sehr früh los und kam über feine slowenische Gebirgsstraßen zurück nach Österreich, wo es gleich einmal über die Soboth ging. Nach einem kurzen Fotostopp oben am Stausee gab's auf steirischer Seite auch den obligaten Leberkässemmerl-Stopp als erste Verpflegungspause in heimatlichen Gefilden. Muss einfach sein, wenn's dann noch steirische Langsemmerl sind, umso besser! Nach diesem kurzen Exkurs in meine kulinarischen Gepflogenheiten ist der Rest der Reise rasch erzählt: Auf vertrauten Wegen ging es gar nicht langweilig bis Seebenstein, ehe ich dann doch erstmals auf dieser Tour auf die Autobahn fuhr. Bis nach Baden, wo ich bei Touratech Österreich für einen kurzen Kaffe noch ein viertes Mal vom Moped stieg (einmal wurde schließlich auch getankt), ehe dann nach der Weinstraße daheim schon der nächste kulinarische Höhepunkt auf mich wartete. Aber das ist eine andere Geschichte.
Fazit:
Es war eine rundum gelungene Reise mit zwei Kollegen, die ähnlich gerne am Moped sitzen wie ich und auf die man sich in jeder Situation verlassen kann. Da es nicht nur auf der Piste sondern auch abseits davon richtig Spaß gemacht hat, hoffe ich doch sehr, dass sich diese Gruppe bald wieder einmal zum Endurowandern zusammenfindet – Ziele gibt es noch genügend, auch dort, wo wir gewesen sind. Denn so rasch das Straßennetz in Albanien nicht zuletzt dank großzügiger Fördergelder aus der EU auch wachsen mag, wie wir uns ja z.B. selbst bei Vermosh überzeugen konnten, so weitreichend ist das Geflecht an unbefestigten Wegen speziell in den albanischen Bergen, so dass man dort wohl noch recht lange genug feine Schotter-Ziele findet. Das spannende an diesen "Straßen" abseits des Mainstreams ist, dass du wirklich nie vorhersagen kannst, welche Bedingungen dort gerade vorherrschen. Was gestern noch relativ einfach zu fahren gewesen ist, kann morgen infolge starker Regenfälle, die in dieser Ecke sehr oft Murenabgänge oder Erd- und Felsrutsche zur Folge haben, schon wieder ganz anders aussehen. Dazu kommen speziell in den ländlichen Gegenden äußert gastfreundliche Menschen, die meist nicht viel haben und dies trotzdem gerne mit dir teilen – Dinge, die uns konsumverwöhnten Mitteleuropäern doch zu denken geben sollten. Albanien wird mich jedenfalls mit Sicherheit wiedersehen, vielleicht ja schon wieder im nächsten Jahr, auch wenn sich beim Heimfahren einmal mehr die Idee einer reinen Bosnien-Tour in mir bereitmachte – dieses Land ist auch viel zu facettenreich, um immer nur zum Transit herhalten zu müssen.
Und weil ich weiß, dass viele Leser auch auf mein persönliches Fazit zur ersten größeren Reise mit der CCM GP 450 Adventure warten, standen doch daheim immerhin ziemlich genau 3000 Kilometer mehr auf der Uhr als bei der Abfahrt: Die schlanke Britin erwies sich als perfekte Begleiterin, speziell wenn es ruppig wurde, aber auch lange Etappen auf Landstraßen machen damit richtig Spaß und selbst Autobahnabschnitte sind keine Tortur. Ausgezeichneter Windschutz, die relativ bequeme Sitzposition und eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern (offroad entsprechend weniger) machen sie zumindest für mich zu einem perfekten Reisemotorrad, wenn der Fokus vor allem auf schlechten bzw. unbefestigten Straßen liegt. Die aufgetretenen Probleme mit der Batterie sind mittlerweile wieder wie von Geisterhand verschwunden, ich werde dennoch versuchen, der Sache demnächst mit einem Professionisten näher auf den Grund zu gehen und dann auf dieser Seite im entsprechenden Bereich darüber berichten.
DANKE auch an Karim und Klaus für das zur Verfügung gestellte Bildmaterial!
Hier geht's noch zum Reisebericht von Klaus auf dessen Website:
Und hier zu jenem von Karim, der die Tour in einem herrlichem Comic Revue passieren lässt:
Für Schnäppchenjäger:
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Reisen ist tödlich
für Vorurteile.
Mark Twain
Unter Motorradfahrern gibt es keine Fremden - nur Freunde, die man noch nicht getroffen hat.
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