Ich mag meinen Job als Journalist aus verschiedenen Gründen. Er lässt mir viel Raum für Kreativität, mich hinter Kulissen blicken, die anderen verborgen bleiben – und er lässt mich viel herumkommen. So wie dieses Mal eben wieder einmal innerhalb Österreichs, genau genommen im Süden der Republik. Zwei abendliche Fußball-Cupspiele in Klagenfurt bzw. Pinkafeld an aufeinander folgenden Tagen wurden zum Anlass genommen, mir einmal mehr der Schönheit der Heimat bewusst zu werden. Herausgekommen ist eine zweitägige Tour mit der besten Sozia wo gibt durch Kärnten, die Steiermark und das Burgenland, welche nicht nur fahrerische, sondern auch kulinarische Genüsse zu bieten hatte.
Tag 1 • Auf a Bauernwurst in die Nocky Mountains
Wien - Südautobahn - Semmering-Schnellstraße - Knittelfeld - Mörderbrugg - Schönberg-Lachtal - Murau - Stadl a. d. Mur - Turracher Höhe - Nockalmstraße - Eisentalhöhe - Leobengraben - Ebene Reichenau - Schuß - Sirnitz - Feldkirchen - Klagenfurt
Streckenlänge: ca. 435 Kilometer
Strecken-Link: MotoPlaner
Wie meistens stellte sich bei der Abfahrt die Frage, ob wir das erste Stück der Route auf der Autobahn nehmen, um jene Strecken, die ich fast tagtäglich unterwegs bin, rascher hinter uns zu bringen und im Gegenzug mehr Zeit im "Zielgebiet" zu haben. Die Tatsache, dass sich mein Freund und Tourenpartner Tom, der uns eigentlich ein Stück des Weges begleiten hatte wollen, von ein paar Wolken am morgendlichen Himmel über Wien abschrecken hat lassen, machte die Entscheidung pro Bandl leicht. Schon nach wenigen Kilometern lachte uns die Sonne ins Visier, dennoch blieben wir nach A2 noch auf der S6, die – wenn man die Bezeichnung "Schnellstraße" wörtlich nimmt - nicht zwingend Langeweile aufkommen lassen muss. Bei Knittelfeld war dann aber Schluss mit mehrspurigen Straßen (und der Tank ob des eingeschlagenden Tempos fast leer), wartete mit der teils geschotterten Fahrt übers Sommerthörl gleich ein Schmankerl, ehe es über Murau zur Turracher Höhe ging. Deren Asphalt würde zwar langsam eine "Auffrischung" verdienen, die Strecke ist aber immer wieder fahrenswert. So wie jene über die Nockalmstraße. 9 Euro nehmen sie einem mittlerweile pro Motorrad ab (2012 waren's noch 8), dafür bekommt man eine wirklich ordentliche Straße durch eine tolle Landschaft im Nationalpark Nockalm, die ihresgleichen suchen kann.
Zumindest einmal im Jahr stehen bei mir jedenfalls die Nocky Mountains im Pflichtenheft, meist fahre ich sie – von Ebene Reichenau kommend – nur bis zur Eisentalhöhe, wo ich mir auf 2.042 Meter Seehöhe schon aus Tradition eine Bauernwurst mit Senf und Kren gönne. Allerdings "funktioniert" das nur unter der Woche und außerhalb der Hochsaison, zu Stoßzeiten ist der stets gut gelaunte Wirt in der kleinen Hütte meist maßlos überfordert. Dass Mel, die übrigens mit ihrer geräucherten Bergforelle keinesfalls die schlechtere Wahl traf, mich kurz mit einem tschechischen Biker verwechselt hat und ihm von hinten zärtlich über den Kopf streichelte, sei ihr verziehen und der Höhenluft zugeschrieben – er nahm's mit Humor und sie wäre jedenfalls am liebsten im Erdboden versunken. Aber was musste der Typ auch wirklich den selben Friseur wie ich haben... ?!
52 Kehren, die hier Reidn genannt werden und von der Innerkremser Seite kommend durchnummeriert sind, bietet die Nockalmstraße – nach der Eisentalhöhe sind's noch ca. 15, die ich durchs Umkehren "herschenke", dafür fahre ich die anderen am Weg zurück ein zweites Mal. Wobei wir diesmal am Retourweg ziemlich genau zwischen Eisentalhöhe und Glockenhütte rechts dem Schild zu einem Almgasthaus folgten, das Speck und Käse anbietet. Schon nach wenigen Metern wird die Straße zu einem gepflegten Schotterweg, nach etwa eineinhalb Kilometern gelangt man zur besagten Gaststätte. Der Chef verkaufte uns zum Ende der Saison zwar weder Käse noch Speck zum Mitnehmen, weil er alles für seine Gäste benötige – beim nächsten Mal werde ich aber sicher dort, abseits des Touristenrummels auf der Eisentalhöhe, einkehren. Fährt man die Schotterstraße weiter, gelangt man übrigens nach ca. 14 Kilometern über den Leobengraben im kleinen Ort Leoben auf die Katschberg-Bundesstraße und in weiterer Folge nach Gmünd. Umgekehrt gefahren stellt dieser Weg auch eine Möglichkeit dar, die Nockalm-Maut zu "sparen". Zwar steht direkt neben dem Almgasthaus ein Schild mit der Aufschrift "Maut", es war aber weit und breit niemand zu sehen, der diese auch abkassiert hätte...
Zurück in Ebene Reichenau ging's weiter kurvenreich über Schuss und Sirnitz Richtung Feldkirchen und schließlich nach Klagenfurt, wo ich nach 435 größtenteils spaßmachenden Kilometern bei wahrem Kaiserwetter noch meiner Arbeit nachgehen musste.
Tag 2 • Schilchersturm und Wolfshütte
Klagenfurt - Völkermarkt - Ruden - Lavamünd - Soboth - St. Oswald ob Eibiswald - Schloßberg - Glanz a. d. Weinstraße - Gamlitz - St. Veit am Vogau - Bad Gleichenberg - Fehring - Jennersdorf - Heiligenkreuz im Lafnitztal - Güssing - Heiligenbrunn - Strem - Kohfidisch - Hannersdorf - Großpetersdorf - Oberwart - Oberschützen - Wiesfleck - Pinkafeld - Südautobahn - Wien
Streckenlänge: ca. 440 Kilometer
Strecken-Link: MotoPlaner
Auch am nächsten Morgen lachte die Sonne vom Himmel, wenngleich über den Kärntner Seen zunächst noch die für diese Jahreszeit üblichen Nebelschwaden hingen. Nicht so hoch oben auf der Soboth (1.347 m), über die eine breit ausgebaute Straße in die Steiermark führt und wo wir uns beim Bikertreff "Kärntnerblick" einen letzten Kaffee auf Kärntner Boden genehmigten. An Wochenenden trägt hier die örtliche Knieschleifer-Fraktion gerne ihre Rennen aus, weshalb da doppelt Vorsicht geboten ist, wir hatten den Pass fast für uns allein.
Anschließend ging's hügelig weiter auf der Südsteirischen Grenzstraße B69 in Richung Weinstraße, wo wir auch beim "Route 69" vorbeikamen, einem beliebten Treffpunkt für Motorradfahrer jeglichen Coleurs, der auch Übernachtungsmöglichkeiten anbietet und mir von Tom schon einige Male ans Herz gelegt wurde. Da wir den Schilcher-Sturm vor uns jedoch schon fast riechen konnten, legten wir nur einen kurzen Foto-Stopp ein:
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Der Fahrer hat selbst am köstlichen Sturm nur genippt, den Weinkauf - der ungenützte Platz der Seitenkoffer wurde mit Sauvigon Blanc und eben Schilcher-Sturm aufgefüllt - überließ er Sozia, deren Gaumen sein vollstes Vertrauen genießt. Die Fahrt, die uns teilweise über die selben Strecken führte, die wir am letzten Tag unserer Balkan-Reise im Juni gefahren sind, war kurven- und abwechslungsreich, fast hinter jeder Ecke bot ein Weingut die Produkte seiner Reben feil, hier könnte man Tage mit Wandern und Schlemmen verbringen, ohne Langeweile aufkommen zu lassen. Dazu fehlte uns freilich die Zeit, auch widerstanden wir trotz zunehmenden Hungers den verlockenden Angeboten sämtlicher Buschenschanken und Gasthöfen, so nett deren Gärten auch aussahen.
Ein paar Foto-Impressionen von der alten südsteirischen Weinstraße:
Schließlich mussten wir noch ins Südburgenland und wussten schon die gesamte Fahrt über ganz genau, wo wir uns stärken wollten. Wobei dieses Vorhaben auch ein wenig von Glücksspiel hatte, weil die Heurigen in unserer Heimat nur immer für kurze Zeit aus'gsteckt haben – bei unserem Wetterglück vertrauten wir aber darauf, dass die Wolfshütte, mein Lieblingsheuriger in dieser Gegend, gerade an der Reihe wäre. Und tatsächlich standen wir dann in Heiligenbrunn, der Heimat des Uhudlers, nur kurz vor verschlossenen Türen (Wochentags sperrt die Wolfshütte erst um 15 Uhr auf), dafür wurden wir aber mit einer köstlichen Brettljause (um 5,50 Euro!) entschädigt. Für Uhudler-Sturm kamen wir ein paar Tage zu früh, aber das lässt sich in diesem Herbst ja noch jederzeit nachholen.
Dementsprechend gestärkt, waren auch die fünf Tore beim abendlichen Fußballspiel rasch in Worte gefasst, um Mel nicht zu lange im Cafehaus warten zu lassen, ehe es bei Dunkelheit die letzte Stunde bis heim wieder auf die Südautobahn ging.
Fazit:
Ich bin ja oft für ein, zwei Tage mit dem Motorrad dienstlich in ganz Österreich unterwegs und dies hier immer niederzuschreiben, würde (zu) vieles an Wiederholungen bringen – diesmal waren aber wieder einmal Sozia und genügend Zeit für Schnappschüsse mit dabei. Nebenbei ist es eine wirklich (nach)fahrenswerte Runde, die sich in zwei Tagen gut machen lässt und auch auf drei (oder mehr) ausgedehnt werden könnte. Ohne die beruflichen Termine hätte ich die Autobahn links bzw. rechts liegen lassen und wäre auf der Hinfahrt noch durchs Mariazeller Land, bei der Rückfahrt über den Geschriebenstein und durchs Wechselgebiet gefahren – zu beiden Gegenden findet man unter "Tagestouren" Anhaltspunkte auf meiner Seite. Doch Schnaps ist Schnaps und Dienst ist Dienst und ich war ja schließlich nicht zum Vergnügen unterwegs. Aber keine Sorge: Den Schilcher-Sturm hab ich eh nicht auf die Spesenrechnung geschrieben…
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Reisen ist tödlich
für Vorurteile.
Mark Twain
Unter Motorradfahrern gibt es keine Fremden - nur Freunde, die man noch nicht getroffen hat.
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